Die erste Verhandlungsrunde unter neuer Führung findet heute statt und es gibt noch viel Arbeit, um zusammen mit dem EU Parlament zu einer gemeinsamen Position für die Agrarförderung ab 2023 zu kommen. Zwar konnte die deutsche Ratspräsidentschaft zu einigen Punkten der Konditionalität eine vorläufige Einigung erreichen. Bei den großen Streitthemen wie dem Budget für freiwillige Umweltleistungen oder die Ausgestaltung der Öko-Regelungen ist jedoch noch kein Kompromiss in Sicht.
Neue Töne aus Portugal
In einem Interview stellte die portugiesische Landwirtschaftsministerin jüngst ihre Pläne vor. Vor allem gab sie das Ziel aus, noch unter der portugiesischen Ratspräsidentschaft, d.h. bis Ende Juni, die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen. Zum Thema Green Deal und Farm-to-Fork-Strategie kommen von ihr immerhin versöhnliche Töne. Während Klöckner der EU Kommission noch vorwarf, mit ihren Visionen über dem Acker und entfernt zur Realität zu schweben, äußerte sich Antunes deutlich positiver und bezeichnete die Farm-to-Fork Strategie als Herzstück des Green Deals. Sie versprach dementsprechend auch, dass die GAP Umweltbelange verstärkt berücksichtigt werden müssen.
10 umweltpolitische Tests für den Trilog
Warme Worte werden allerdings nicht reichen, um aus dem desaströsen Ergebnissen der Abstimmungen in Rat und Parlament einen Erfolg für Natur- und Klimaschutz zu machen, der Trilog muss hier liefern. Während die EU Kommission immer wieder deutliche Nachbesserungen einforderte, konnte man die Verhandlungen in den letzten Wochen höchstens als umweltpolitische Seitwärtsbewegung bezeichnen. Das europäische Umweltbüro (EEB) (bei welchem der NABU Mitglied ist), hat deswegen heute 10 Tests veröffentlicht, an welchen sich das Ergebnis der Trilogverhandlungen am Ende messen lassen muss.
- Schutz von Kohlenstoffsenken: Hier müssen sowohl Rat und Parlament bei den Regeln der Konditionalität, sowie der Beihilfefähigkeit von kohlenstoffreichen Flächen (z.B. Paludikulturen) an ihren Positionen nachbessern, nachdem beide Seiten etwa den entsprechenden GLÖZ-Standard verwässert hatten.
- „Space for Nature“ auf jedem Betrieb: Um die Artenvielfalt wiederherzustellen müssen mindestens 10% der Agrarlandschaft für die Natur zur Verfügung stehen etwa in Form von Brachen, Hecken und Feldgehölzen. Auch hier müssen entsprechende Standards in der GAP, z.B. im sgn. GLÖZ9 der Konditionalität oder den Öko-Regelungen gesetzt und Fehlentwicklungen in den bisherigen Positionen beseitigt werden.
- Ausreichende Finanzierung von Klima- und Naturschutz, etwa durch eine hohe Zweckbindung von Geldern für Öko-Regelungen in der 1. und AUKM in der 2. Säule. Das Parlament ist hier deutlich ambitionierter als der Rat und fodert einen Mindestanteil von 30% für die Öko-Regelungen in der 1.Säule.
- Kein Geld für schädliche Monokulturen: Regeln zur Fruchtfolge (in der Konditionalität) müssen entsprechend verbessert werden. Vor allem der Rat wünscht sich hier bisher eine Verwässerung der Standards.
- Kein Geld für die Intensivtierhaltung: u.a. gekoppelte Zahlungen dürfen nicht zu einer Steigerung der Herdengrößen und Tierhaltungsdichte führen. Die vom Parlament vorgebrachten Schutzvorrichtungen sind viel zu schwach, während der Rat den unzureichenden Vorschlag der Kommission von 2018 einfach durchgewinkt hatte.
- Die Ziele des Green Deal und vor allem der Farm-to-Fork sowie der Biodiversitätsstrategie müssen so in der GAP verankert sein, dass sie für die Mitgliedstaaten im Rahmen der nationalen Programmierung verbindlich sind. Der Rat hatte diesen Punkt in seiner Position komplett ignoriert und auch das Parlament konnte sich nur zu einer halbherzigen Integration durchringen.
- Kein Greenwashing: Lücken bei der Qualität der Maßnahmen unter den Öko-Regelungen, wie sie sowohl Rat und Parlament eingefügt haben, müssen geschlossen werden. Andernfalls droht Greenwashing, die neuen Öko-Regelungen könnten dann vor allem den Status-Quo mit zusätzlichem Geld finanzieren und so einen der Fehler des Greenings wiederholen. Das Parlament hatte zudem den unsinnigen Vorschlag, pauschal 40% der Direktzahlungen als Klimaschutzleistung zu verrechnen, zurückgewiesen. Der Rat muss dem nun zustimmen, sonst droht massiver Etikettenschwindel.
- Die EU Kommission muss in der Lage sein, von den Mitgliedstaaten die Einhaltung der gesetzten Ziele der nationalen Strategiepläne wirksam einzufordern. Dazu braucht es ein robustes System an Indikatoren und ein starkes Mandat auf Seiten der EU Kommission. Vor allem der Rat möchte hier den ursprünglichen Text zu verwässern.
- Sowohl die Öffentlichkeit als auch Umweltbehörden müssen bei der nationalen Programmierung weitgehend einbezogen werden. Während des Parlament Verbesserungen am ursprünglichen Kommissionsvorschlag einfordert, stellt der Rat sich hier quer.
- Alle Entscheidungsprozesse sowohl die Erstellung der nationalen Strategiepläne als auch die Genehmigung durch die EU Kommission müssen so transparent wie möglich gestaltet sein.
Wie sich an dieser Liste zeigt, muss vor allem der Rat noch einen deutlichen Schritt nach vorne machen, v.a. die neue Ratspräsidentschaft ist hier nun am Zug. Das Gleiche gilt aber auch für das Parlament, welches gefährliche umweltpolitische Rückschritte in seiner Position beschlossen hatte, wie z.B. ein Mindestanteil von 60% der 1.Säule für die ineffizienten Direktzahlungen oder eine Verwässerung der Qualität der Öko-Regelungen. Die EU Agrarreform ist also noch lange nicht vom Eis und den Verhandlungsführern im Trilog kommt eine besondere Verantwortung zu und auch wir werden weiter den Fortschritt der Gespräche verfolgen.
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