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Dynamischer Agroforst in Bolivien

Die Methode dynamischer Agroforst führt zu einer schnellen Wiederbewaldung, während die Bauern auf der Fläche gleichzeitig Nahrungsmittel anbauen können. Es entsteht ein essbarer Wald.

Von Monokultur zur Vielfalt

Die Methode dynamischer Agroforst (spanisch: Agroforesteria dínamica, kurz: AD) basiert auf dem Wissen der indigenen Völker Lateinamerikas und wurde in den 1990er Jahren vom Deutschen Entwicklungsdienst (DED) gefördert und weiterentwickelt.

Die positiven Ergebnisse mit AD haben 2001 zur Gründung des Agroforst-Forschungsbetriebes Mollesnejta im Hochland von Bolivien geführt, mit dem wir heute zusammenarbeiten. Das Ziel der Forschungstätigkeit besteht darin, unter den gegebenen schwierigen Standortbedingungen mit degradierten, steinigen Böden in Hanglage bei semiaridem Klima in 2.800 Meter Höhe eine optimale Kombination von Pflanzen zu finden, die mit einfachen und praxisnahen Pflegearbeiten zu einer Vielfalt an landwirtschaftlichen Produkten führen.

Aufbau und Handhabung einer Parzelle

Eine dynamische Agroforstparzelle besteht dabei aus landwirtschaftlichen Kulturen, Fruchtbäumen und einer Vielzahl einheimischer Pflanzen, insbesondere einheimischen Büschen und Bäumen, so dass die geschlossenen Nährstoffkreisläufe eines Naturwaldes imitiert werden.

Die einheimischen Busch- und Baumarten übernehmen dabei vielfältige Funktionen. Tiefwurzelnde Pflanzen saugen das Wasser aus tieferen Bodenschichten in die Höhe und erhalten so die Bodenfeuchtigkeit. Durch regelmäßigen Rückschnitt, vor allem der Bäume, ist der Boden immer mit einer Laub- und Mulchschicht bedeckt und schützt diesen vor Austrocknung.

Mit der Zeit zersetzt sich das Schnittgut und erhöht den Humusanteil signifikant. Der steigende Humusgehalt und die Pflanzenvielfalt, die zu einem natürlichen Gleichgewicht zwischen Schädlingen und Nützlingen führen, fördert die Pflanzengesundheit insgesamt. Einige Pflanzen übernehmen dabei eine „Ammenfunktion“ für die angebauten Kulturen, wie z. B. Mais, Kartoffeln, Gemüse, Beeren und Obstbäume, indem sie Schatten spenden, vor Wind, Starkregen und Hagel schützen sowie Mulch und Biomasse liefern. Gleichzeitig fördern sie durch Humus- und Stickstoffanreicherung die Bodenfruchtbarkeit sowie die Bodenfeuchte.

Periodischer Rückschnitt wichtig

Die Handhabung einer solchen Naturwaldparzelle besteht vor allem in periodischem Rückschnitt der Sträucher und Bäume, wodurch das System in einem ständigen Stadium der Weiterentwicklung gehalten wird, was die Produktivität der angebauten Kulturen entscheidend fördert.

Die Mulchschicht, die dichte Belaubung und tiefgründige Bodendurchwurzelung wirken der Erosion entgegen, verhindern dabei die Auswaschung der Nährstoffe und die Austrocknung des Bodens. Dadurch sind oft weder Düngemittel noch Bewässerung nötig. Die Artenvielfalt in der Parzelle macht den Gebrauch von Pestiziden überflüssig, ermöglicht eine Produktdiversifizierung und erzeugt so eine erhöhte Erntemenge.

Vorteile durch dynamischen Agroforst

Eine 2011 durchgeführte wissenschaftliche Untersuchung der Universidad Católica Boliviana „San Pablo“ über die Bodenqualität in Mollesnejta hat ergeben, dass sich in Parzellen mit dynamischen Agroforst der Humusanteil im Boden in wenigen Jahren deutlich erhöht.

Eine weitere im Auftrag der GIZ durchgeführte Agroforst-Studie aus dem Jahr 2013 zeigt, dass in den semiariden Zonen des Departements Cochabamba die Anbaukulturen einer Parzelle mit dynamischem Agroforst eine höhere Trockenheitstoleranz, einen niedrigeren Schädlingsdruck und weniger Pflanzenkrankheiten haben. Dies hat gleichzeitig den Effekt, dass weniger bis kaum noch Bewässerung, Dünger und Pflanzenschutzmittel nötig sind.

Zwar ist der Arbeitsaufwand in den ersten drei Jahren höher als in herkömmlichen Produktionssystemen, dagegen sinken mittel- und langfristig Aufwand und Kosten deutlich.

AGRECOL-Andes, die Nationalparkbehörde SERNAP (Servicio Nacional de Áreas Protegidas) und das Agroforstnetzwerk ECO-SAF wollen die dynamische Agroforst-Anbaumethode im Nationalpark Tunari verbreiten. AGRECOL-Andes sind die Bedürfnisse der Kleinbauernfamilien im ländlichen Raum von Bolivien bekannt und es werden ausschließlich partizipative Methoden angewandt, welche die Zielgruppen aktiv in die gesamten Projektdurchführungsprozesse einbinden.

Die Prinzipien des dynamischen Agroforst sind einleuchtend. Die Umstellung einer Ackerparzelle auf dynamischen Agroforst bedeutet jedoch am Anfang meist mehr Arbeit für die kleinbäuerlichen Familien und eine neue Herangehensweise an den Anbau landwirtschaftlicher Kulturen. Deshalb sind Ausbildung und Beratung der Kleinbauern während der gesamten Projektzeit wichtig.

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