Traktor fährt auf Feldweg zwischen Gabelung von vier landwirtschaftlichen Anbauflächen
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EU-Parlament stimmt für europäisches Renaturierungsgesetz

Mitte Juli hat sich das Europaparlament mit knapper Mehrheit für ein Naturschutzgesetz innerhalb der Europäischen Union ausgesprochen. Bis 2030 will die EU ein Fünftel degradierter europäischer Landflächen wieder renaturieren. 

Wiederherstellung intakter Ökosysteme

Das Naturschutzgesetz sieht vor, bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete der EU sogenannten Wiederherstellungsmaßnahmen durchzuführen. Damit würden Naturräume auf einer Fläche von mehr als der doppelten Größe von Deutschland europaweit ökologisch wiederhergestellt werden. Die EU-Kommission hatte das Gesetz im Juni 2022 vorgeschlagen, um den Zusammenbruch unserer Ökosysteme zu verhindern und zeitgleich die Artenvielfalt aufrechtzuerhalten. Das Renaturierungsgesetz wäre das erste europaweite Gesetz mit dem Ziel, Natur wiederherzustellen. 

Umgesetzt werden könnte die Renaturierung beispielsweise durch die Wiederaufforstung sowie den Schutz von Wäldern, die Wiedervernässung trockengelegter Moore oder die Begrünung von Städten. Bis 2050 sollen dadurch laut Gesetzesentwurf alle Ökosysteme innerhalb der EU wieder in einem ökologischen Zustand sein. Das übergreifende Ziel: Europa soll nicht nur seine Natur schützen, sondern auch klimaneutral wirtschaften, nachhaltig konsumieren und ökologisch produzieren. 

Verhandlungen mit EU-Staaten

Durch die Zustimmung des Europaparlaments können nun die Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission über die endgültige Ausgestaltung des Gesetzes beginnen. Sollte ein Kompromiss gefunden werden, könnten die neuen Vorgaben womöglich noch vor 2024 verabschiedet werden. Gegenwehr kommt insbesondere von den Christdemokraten, die die Sorge großer Bauernverbände teilen, dass Landwirte durch die neuen Vorgaben zu stark eingeschränkt werden könnten. So spricht der Deutsche Bauernverband von mehr als einer Million Hektar an landwirtschaftlicher Fläche, die durch das Gesetz bedroht wären. Damit würde die Nahrungsmittelunsicherheit steigen.

Entwarnung dahingehend gibt es in einem offenen Brief von über 6.000 Wissenschaftlern. Demnach würden das Gesetz nur geringe Einbußen bei den Ernten zur Folge haben. Vielmehr sei eine intakte Natur für die Aufrechterhaltung der Nahrungsmittelsicherheit immens wichtig. So ergeben sich die größten Risiken für die Ernährungssicherheit laut den Wissenschaftlern aus dem Klimawandel sowie dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen, wie z. B. Bestäubung oder biologischer Schädlingsbekämpfung. Vielmehr hätte das Renaturierungsgesetz das Potenzial, einen großen Beitrag zu nachhaltigen Agrarnahrungsmittelsystemen zu leisten. So würde die Vielfalt in Agrarlandschaften erhöht und Landschaftsformen unterstützt, die das Mikroklima stabilisieren, die Schädlingsbekämpfung und Bestäubung unterstützen und die Bodenerosion verringern.

Schlechter Zustand der Natur in der EU

Dass das Renaturierungsgesetz bitter nötig ist, zeigt der Zustand der Natur in Europa. Laut der EU-Umweltagentur befinden sich mehr als 80 % der Lebensräume in einem schlechten Zustand. Besonders betroffen sind Feuchtgebiete, Moore, Grasland und Dünen. Daneben sind aber auch unsere Böden in keinem guten Zustand: Knapp 60 Prozent gelten als degradiert.

Quellen:

Spektrum; Europäische Kommission; Deutschlandfunk; Europäische Umweltagentur

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