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Besuch bei den Fledermäusen

Leise klingt das metallische Klicken des Empfängers durch den Laubwald. Nur so können die Quartiere der Mopsfledermäuse im 7000 Hektar großen Waldgebiet der Hohen Schrecke gefunden werden.

Quartiere sind von großer Bedeutung

Leise klingt das metallische Klicken des Empfängers durch den Laubwald. An den tragbaren Empfänger ist eine große Antenne angeschlossen, die je nach Ausrichtung ein unterschiedlich lautes Signal aufnimmt. Indem man dem lauten Signal folgt, kann die Quelle des Signals gefunden werden, der Sender. In der vergangenen Nacht wurden Fledermäuse in Netzen gefangen und einzelne Tiere bekamen einen kleinen Sender auf den Rücken geschnallt. Nur so können die Quartiere der Fledermäuse gefunden werden, in dem über 7.000 Hektar großen Waldgebiet der Hohen Schrecke. Diese Quartiere sind von großer Bedeutung für die Vorkommen der einzelnen Arten, da sie meist von mehreren Individuen über längere Zeiträume, manchmal über Jahre, genutzt werden. Teilweise nutzen auch mehrere Arten gleichzeitig ein Quartier.

In diesem Fall ist das besenderte Tier eine Mopsfledermaus, denn nur dieser, letzte Nacht auf dem Tier befestigte Sender verschickt sein Signal auf der im Empfänger eingestellten Frequenz. Die Suche geht über Stock und Stein, durch tiefe Täler und steile Hänge hinauf, durch unterschiedliche Waldbestände. Sie endet mit einem besonders lauten Piepton vor einer etwa 150-jährigen Eiche. Am langen Stamm der ungefähr 35 Meter hohen Eiche ist kein Makel zu erkennen. Aber das Signal kommt eindeutig aus dieser Eiche, da besteht kein Zweifel. Erst die intensive Suche mit dem Fernglas bringt ein Resultat: kurz unter der Krone ist ein ca. 8 Zentimeter langer, kleiner Riss in der Borke. Der Einlass in einem kleinen Hohlraum. Hier liegt das für die Mopsfledermaus so typische Quartier.

Die spannende Suche ist beendet, die Eiche wird mit GPS-Koordinaten auf einer Karte markiert und im Gelände mit einem „H“ gekennzeichnet. Das „H“ bedeutet Habitatbaum, also ein Baumindividuum, das durch besondere Merkmale – in diesem Fall der kleine Riss in der Borke mit dem dahinterliegenden Hohlraum – eine wichtige ökologische und naturschutzfachliche Funktion einnimmt. Aufgrund dieser Bedeutung dürfen Habitatbäume nicht gefällt werden. Vor der regelmäßigen Durchforstung eines Waldes durchsuchen die Revierleiter den Waldbestand auf Habitatbäume und markieren die gefundenen Bäume. Aber der kleine, für die Quartiere der Mopsfledermaus typische Riss in der Borke ist oft vom Boden aus nicht zu sehen. Dann wird der Baum gefällt und erst wenn er liegt, ist der Riss zu sehen.

Die Mopsfledermaus braucht alte Laubwälder

Die Mopsfledermaus ist eine von 14 Fledermausarten, die in der Hohen Schrecke vorkommen. Damit sind 70 % aller in Thüringen und Sachsen-Anhalt lebenden Arten nachgewiesen und das Gebiet ist als von bundesweiter Bedeutung eingestuft. Erstaunlich ist dabei nicht nur der Nachweis aller Wald-Fledermausarten, sondern die hohe Quartierdichte in der Hohen Schrecke. Sie ist auf die vielen alten, kaum genutzten Laubwaldbestände zurückzuführen und damit eine Folge der fast 60-jährigen Sperrung des Gebietes aufgrund der militärischen Nutzung.

Gerade die Mopsfledermaus kommt häufig vor, da sie alte Laubwälder braucht. Ihre Vorkommen in Europa und im Mittelmeerraum sind in den 60-ziger Jahren des 20. Jahrhunderts weitgehend zusammengebrochen, wahrscheinlich als Folge der Spritzung mit chlorierten Kohlenwasserstoffen. Heute breitet sich die Art von Osten kommend langsam wieder nach Westeuropa aus. Und die Hohe Schrecke ist dabei eine sehr wichtige Ausbreitungszelle im gesamten mitteldeutschen Raum.

Erhaltungsmaßnahmen

Im Naturschutzgroßprojekt „Hohe Schrecke – Alter Wald mit Zukunft“ tragen besonders folgende Maßnahmen zum Erhalt der Mopsfledermaus und der artenreichen Waldlebensräume bei:

  1. Auf annähernd 2.000 Hektar Wald, in zwei großen Gebieten, soll die forstliche Nutzung dauerhaft eingestellt werden. Damit werden die alten Wälder erhalten und die mittelalten wachsen in diese hohe Bedeutung herein.
  2. Diese großen Wald-Wildnisgebiete werden durch kleine Altholzinseln aus älteren Laubbeständen verbunden, in denen die Nutzung ebenso dauerhaft ausgesetzt werden soll.
  3. In den verbleibenden über 5.000 Hektar Wirtschaftswald bleiben 10 Habitatbäume pro Hektar in den mittelalten und alten Waldbeständen dauerhaft erhalten, um auch im bewirtschafteten Wald ausreichend Lebensraum für die Mopsfledermaus zu entwickeln.
  4. Hiebsmaßnahmen in den nicht durch das Wildniskonzept gesicherten älteren Laubwäldern beginnen erst am 1. November, da die Mopsfledermaus erst im Verlauf des Oktobers in ihre Winterquartiere in frostsicheren Höhlen, Bunkern und anderen Gebäuden zieht.

Diese Maßnahmen werden den Waldeigentümern und -nutzern nicht aufgebürdet, sondern vielmehr in Abstimmung mit ihnen bei finanziellem Ausgleich der entgangenen Gewinne aus der Holznutzung umgesetzt. Dafür setzt sich der Projektträger, die Naturstiftung David, zusammen mit den Projektförderern und den -partnern ein.

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