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Von Eichen und Huten

In Deutschland sind Eichen, mit einem Anteil von neun Prozent des Waldbestandes im Flachland und den Mittelgebirgen, die zweithäufigsten Laubbäume. Eine Eiche kann über tausend Jahre alt werden.

Die Eichenkrone - ein Insektenparadies

Die Krone einer alten Eiche ist ausladend, luftig, hoch und warm. Sie bietet dadurch einen idealen Lebensraum für viele Insektenarten. Eichen waren bis zum 19. Jahrhundert eine der Hauptbaumarten. Da sie über 1.000 Jahre alt werden können, spezialisierten sich viele Insekten auf diesen vermeintlich sicheren Lebensraum.  Heute können 179 Arten von Großschmetterlingen und bis zu 900 Käferarten in der Eichenkrone vorkommen. Auch der äußerst seltene Eremit, ein vom Aussterben bedrohter Käfer, hat sich auf Eichen spezialisiert und kann auf Fichten nicht überleben. Altersbedingte Stamm- und Kronenverletzungen wie Schürfungen, Risse, Spalten, Blitzrinnen, Rindentaschen, aber auch Mulmhölen,  verpilzte Stellen und Bruthöhlen, bieten Mittelspecht, Halsbandschnäpper und Fledermäusen dauerhafte Lebensräume. Inzwischen ist, bedingt durch den Wandel in der Holzwirtschaft, die Fichte die häuftigste Baumart in Deutschland. Da die Fichte hier ursprünglich nicht heimisch war, wird sie als Nahrungs- und Lebensraum nicht in gleichem Maße angenommen. So finden sich auf ihren Kronen nur 28 Arten der Großschmetterlinge und 300 Käferarten. Die restlichen, auf Eichen sprzialisierten Insekten, sterben zusammen mit den Eichen aus.

Eichen in Deutschland

In Deutschland kommt die Eiche vor allem in Mischwäldern vor. Größere Eichenwälder sind selten geworden. Von den noch vorhandenen Eichen in Deutschland ist mehr als die Hälfte inzwischen stark geschädigt. Seit einigen Jahren ist die bedrohliche Situaton der deutschen Wälder insgesamt und der Eichen und Buchen im Besonderen, in das Zentrum der Aufmerkamkeit gerückt. Erste Maßnahmen, wie die Schonung der bestehenden Waldrestbestände, der Einführung von Katalysatoren an Fahrzeugen und deren ständiger Verbesserung zur Abgasreinigung uvm. zeigen bereits Wirkung. Trotz leichter Verbesserungen in einigen Bundesländern ist der Zustand der Eiche insgesamt kritisch. In Rheinland-Pfalz liegt der Anteil an geschädigten Bäumen noch immer bei 60 Prozent. In Bayern hat sich der Zustand der Eichen im Vergleich zum Vorjahr sogar um sechs Prozent verschlechtert und liegt derzeit bei 46 Prozent geschädigter Bäume.

Zustand der Eichen ist alarmierend

Seit 1984 wird der Bestand an geschädigten Bäumen in Deutschland aufgezeichnet. Im vergangenen Jahr wiesen 52 Prozent aller Eichen schwere Schäden auf. Dies ist der höchste Wert seit Beginn der Erhebungen. Ältere, über 100 jährige Eichen, sind dabei dreimal stärker betroffen als jüngere. Umweltschützer äußern sich besorgt. "Der Zustand der Eichen in Deutschland ist ein Alarmsignal", sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des Umweltverbandes BUND. "Wenn die Hälfte davon krankt, ist die Luftreinhaltepolitik unzureichend." Vor allem Stickoxide und Ammoniak setzen den Bäumen zu. Sie sind im Waldboden und im Grundwasser enthalten. Die steigende Ozonbelastung sowie Klimaschwankungen machen dem Wald zusätzlich zu schaffen.

Ursachen und Maßnahmen

Die Ursachen für das Eichensterben und den schlechten Zustand des deutschen Waldes sind vor allem menschliche Einflüsse. Hohe Schadstoffbelastungen entstehen durch Verkehr und Industrie, aber auch in der Landwirtschaft durch Verwendung von Pestiziden und übermäßige Stickstoffdüngung. Falsch gewählte Standorte können Wurzelschäden durch Pilze verursachen. Große Trockenheit und heiße Sommer in Folge des Klimawandels werden zu Stressfaktoren für den Wald. Ein Umdenken, hin zu einer nachhaltigen Waldwirtschaft und die Reduzierung der Schadstoffbelastung aus Landwirtschaft und Industrie, ist unabdingbar. Die Bundesländer und die Kommunen, als derzeit größte Waldbesitzer, müssen jetzt handeln.

Das Forest Stewardship Council (FSC)

Als Instrument einer nachhaltigen Wald- und Holzwirtschaft empfiehlt sich eine Bewirtschaftung der Wälder nach dem Standard des Forest Stewardship Council (FSC). Das Leitbild des FSC ist die natürliche Waldgesellschaft. Baumarten, Pflanzen, Tiere und Pilze, die ohne menschlichen Einfluss im Wald vorkommen, bilden dieses System. Diese in Jahrtausenden entstandenen Lebensgemeinschaften sind sehr resistent gegen äußere Einflüsse wie Schnee, Sturm, Feuer oder Klimaveränderungen. Forstbetriebe, die ihre Wälder nach den FSC-Standards bewirtschaften, tragen einen großen Teil dazu bei, diese natürlichen Waldgesellschaften zu erhalten oder neu zu schaffen. Auch Verbraucher können sich an einem FSC-Siegel orientieren und dadurch Wälder schützen: FSC-zertifizierte Produkte vom Bleistift bis zum Gartenhaus sind inzwischen im Handel erhältlich.

Hutewälder

Charakteristisch für Hutewälder ist, dass sie besonders licht sind und die Bäume wegen ihres großen Abstands sehr große und dichte Kronen haben. Zwischen den Bäumen lockerten die Menschen den Waldboden auf um mehr Licht für Kräuter und Gräser zu schaffen. Hute kommt von "hüten“.  Da es früher üblich war, die Hausschweine zur Futtersuche in den Wald zu treiben entstanden Hutewälder. Schweinefleisch und Schweinefett waren damals sehr hochwertige Nahrungsmittel, daher wurde ein möglichst hoher Bestand an Schweinen angestrebt. Vom Mittelalter bis hinein in die Neuzeit veränderten und prägten die Tiere so den Wald. Eicheln und Bucheckern boten Futter für die Schweine, Rinder und Pferde ernährten sich hingegen vom Krautbewuchs des Bodens und den unteren Zweigen der Baumkronen. Wegen des vielen Lichts, das auf den Waldboden fällt, waren Hutewälder besonders artenreich. Die Waldweide wurde aber als Gefährdung für ganze Waldgebiete angesehen, denn die Tiere ließen den Bäumen kaum keine Chance, sich zu verjüngen. Sie überalterten und starben im Laufe der Zeit ab. Heute ist bekannt, dass die Mast von Schweinen in Eichenwäldern, anders als die Waldweide mit anderen Haustieren, der Naturverjüngung dient. Seit dem Jahr 2003 entwickelt sich diese Haltungsform zur Erzeugung von hochwertigem Fleisch wieder in Unterfranken.

Der Wandel

Erst mit dem neuzeitlichen Ackerbau und der Waldpurifikation (=Ablösung der verschiedenen Nutzungsrechte im Zuge der Säkularisation) im 18. und 19. Jahrhundert ist die Waldweide in weiten Teilen Mitteleuropas verschwunden. Im 19. Jahrhundert, mit dem Beginn der industriellen Revolution, wurde Holz zum wichtigsten Rohstoff. Der Bedarf an Feuer- und Bauholz wuchs und besonders für Eisenbahnschwellen benötigte man große Mengen an Eichenholz. Damit war das Ende der großen Hutewälder gekommen. In der Waldwirtschaft musste umgedacht werden. Um möglichst viel Holz zu produzieren wurden hauptsächlich große Monokulturen schnellwachsender Fichten gepflanzt. Heute liegt das Hauptziel der Waldwirtschaft wieder in der Rückkehr zu den Mischkulturen um auf diese Weise den Artenreichtum zu fördern. Überreste ehemaliger Hutewälder mit ihren mächtigen Baumriesen bestehen noch heute im Reinhardswald oder im Naturpark Kellerwald-Edersee. Mehr informationen zu aktuellen Schutzprojekten finden Sie unter:
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