· PIK Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Meeresspiegel könnte innerhalb dieses Jahrhunderts bis zu 1,9 Meter ansteigen

Laut einer heute in der US-Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlichten Studie könnte der Pegel im Jahr 2100 75 bis 190 Zentimeter höher stehen als heute.

Jährlicher Anstieg des Meeresspiegel

Die Autoren, Martin Vermeer von der Helsinki University of Technology in Finnland und Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) werteten Meeresspiegel- und Temperaturmessungen aus den vergangenen 130 Jahren aus. Die Daten belegen, dass die Geschwindigkeit des Meeresspiegelanstiegs maßgeblich von der globalen Mitteltemperatur beeinflusst wird.

„Seit 1990 ist der Meeresspiegel jährlich um 3,4 Millimeter gestiegen, doppelt so schnell wie im Durchschnitt des 20. Jahrhunderts“, sagt Stefan Rahmstorf. Bliebe es bei dieser Rate, würde das im 21. Jahrhundert zu einem Anstieg um 34 Zentimeter führen. „Aber die Daten zeigen deutlich: Je wärmer es wird, umso schneller steigt der Pegel. Wenn wir einen galoppierenden Anstieg des Meeresspiegels verhindern wollen, sollten wir die Erderwärmung so schnell wie möglich stoppen“, so Rahmstorf weiter.

Temperatur beeinflusst Meeresspiegelanstieg

Der Zusammenhang zwischen der Rate des Meeresspiegelanstiegs und der globalen Mitteltemperatur wurde zuerst im Jahr 2007 von Rahmstorf in einem Artikel im Wissenschaftsmagazin „Science“ beschrieben. Die neue Studie baut darauf auf. Die frühere Gleichung wurde erweitert, um die kurzfristigen Reaktionen des Meeresspiegels zu erfassen. Auf diese Weise wird der physikalische Zusammenhang besser und mit weit größerer Präzision abgebildet. Zudem haben Vermeer und Rahmstorf die neuesten Datensätze wie Satellitenmessungen bis zum Jahr 2008 einbezogen und die künstliche Wasserspeicherung in Stauseen berücksichtigt, durch die der Pegel global etwa drei Zentimeter tiefer liegt.

Ihre Ergebnisse zeigen, dass selbst bei einem relativ niedrigen Treibhausgas-Emissionsszenario mit einer Erwärmung um zwei Grad Celsius im 21. Jahrhundert der Meeresspiegel wahrscheinlich um mehr als einen Meter ansteigen wird. Das höchste Emissionsszenario mit einem Temperaturanstieg von mehr als vier Grad Celsius im 21. Jahrhundert hätte in dieser Zeit einen Anstieg um mehr als 1,4 Meter zur Folge. Werden sämtliche Emissionsszenarien und die geschätzten Unsicherheiten berücksichtigt, ergeben sich Werte zwischen 0,75 und 1,9 Meter – in Übereinstimmung mit einer anderen Abschätzung von bis zu zwei Metern bis 2100, die die Dynamik der großen Eisschilde berücksichtigt.

Bedrohung vieler Küstenstädte und Inselstaaten

„Noch bemerkenswerter als die Maximalwerte des Meeresspiegelanstiegs ist die uhrwerkartige Präzision mit der die Temperatur – auf klimatischen Zeitskalen – den Anstieg des Meeresspiegels antreibt“, sagt Vermeer. Die Ergebnisse der Studie zeugten auch von der hohen Qualität der vorhandenen Temperatur- und Pegeldatensätze, die verwendet wurden, „akribisch abgeleitet von Werten, die über ein Jahrhundert hinweg und an weltweit verteilten Stationen gemessen wurden“, fügt Vermeer hinzu.

Der projizierte Anstieg ist etwa dreimal so hoch wie die Abschätzung aus dem vierten Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC von 2007, die den Eisverlust in Grönland und der Antarktis nicht vollständig berücksichtigt. Ein so starker Anstieg wäre eine existentielle Bedrohung vieler Küstenstädte und einer Reihe kleiner Inselstaaten. Sie wird nur zu vermeiden sein, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen drastisch und schnell sinkt.

Nach den Studienergebnissen hätten Verzögerungen schwerwiegende Folgen, da frühe Verringerungen des Treibhausgas-Ausstoßes den Meeresspiegelanstieg deutlich effektiver bremsen als späte. Um den Anstieg des Meeresspiegels auf weniger als einen Meter zu begrenzen, sind wahrscheinlich noch deutlich raschere Emissionsreduzierungen notwendig, als zur Begrenzung des Temperaturanstiegs auf zwei Grad Celsius erforderlich sind. Das so genannte 2°-Ziel wird mittlerweile von vielen Staaten angestrebt. Weiter zum Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

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