Die Entwicklung der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik

Seit der Einführung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU im Jahr 1962 hat diese bereits eine Vielzahl an Reformen durchlaufen. Wir stellen Ihnen hier die wichtigsten vor.

Eine kurze Übersicht

Die europäische Agrarpolitik begann 1962 mit dem Ziel der Förderung der Produktivität in der Landwirtschaft und hat seitdem viele Wandlungen durchlaufen. Der ursprüngliche Fokus der Produktivitätssteigerung wurde Mitte der 1970er um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt erweitert und Anfang der 1990er Jahre um das Thema Förderung der Nachhaltigkeit ergänzt. Die Gelder für die gemeinsame Agrarpolitik machen und machten 40 % bis zu 70 % des EU-Haushalts aus. Diese großen Summe führten zu positiven Veränderungen, z. B. Produktivitätssteigerung und vermehrte Innovationen, lösten aber auch Fehlentwicklungen aus wie „Butterberge“ oder "Milchseen", die Zerstörung von landwirtschaftlichen Strukturen in Entwicklungsländern oder die Zunahme von Großbetrieben. Nachdem die direkte Steuerung von Märkten durch die Agrarförderung Anfang der 1990er Jahre aufgegeben wurde, begann 1992 die Phase der Direktzahlung und Flächenprämien, die bis heute zentraler Kern der Agrarförderung geblieben ist. 

Im Nachfolgenden werden die wichtigsten Änderungen und Reformen erläutert.

1962: Einführung der GAP

Die gemeinsame Agrarpolitik der EU entsteht. Diese soll die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln sicherstellen, zur Erhaltung natürlicher Ressourcen beitragen und den Landwirten einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen.

1992: MacSharry-Reform

Einen ersten Wendepunkt der GAP stellte die Agrarreform im Jahr 1992 dar, welche nach dem damaligen Agrarkommissar Ray MacSharry benannt wurde. Der Grund: Die GAP konnte zwar ihrem Ziel der Nahrungsmittelversorgung nachkommen, allerdings entstanden durch die Festlegung von Stützungspreisen, welche häufig weit über den Preisen des Weltmarktes lagen, und durch eine unbeschränkte Abnahmegarantie zunehmende Produktionsüberschüsse. Um dem entgegenzuwirken, änderte der Rat den Schwerpunkt der Finanzierung von der Förderung einzelner Produkte hin zu einer Unterstützung des gesamten Marktes. Stützpreise von Produkten, wie beispielsweise Rindfleisch oder Getreide, wurden schrittweise um bis zu 33 Prozent gekürzt. Die daraus entstehenden Einkommensverluste wurden durch die Zahlung von hektarbezogenen Direkthilfen an die Landwirte ausgeglichen. Erstmals wurden zudem Umweltbelange in einem größeren Maß in die Gemeinsame Agrarpolitik einbezogen.

1999: Agenda 2000

Die Reform der GAP wurde im Jahr 1999 fortgesetzt. So beschloss man bei der Agenda 2000 die Stützpreise erneut schrittweise zu senken und dafür die Direktzahlungen an Landwirte zu erhöhen. Eingeführt wurde zudem eine freiwillige Umweltkonditionierung: Die Mitgliedsstaaten der EU konnten die Auszahlung von Direktzahlungen an die Einhaltung von Umweltvorschriften knüpfen. Eine wichtige Änderung bestand zudem im Ausbau der Struktur der Agrarpolitik zu einer breiter angelegten Förderung des ländlichen Raums in der zweiten Säule der GAP mit dem Ziel, die Entwicklung der Landwirtschaft langfristig zu fördern. Neu waren hier beispielsweise Investitionen in moderne Ställe und Maschinen, der Aufbau alternativer Erwerbsmöglichkeiten oder die Förderung der Landwirtschaft in benachteiligten Gebieten.

2003: Die Entkopplung von Beihilfen

Mit der Agrarreform im Jahr 2003 wurde ein weiterer Meilenstein gesetzt: Um die Stabilität der Einkommen von Landwirten sicherzustellen, wurden die Direktzahlungen von der Produktion entkoppelt. Die EU verfolgte damit vier Hauptziele:

  • eine stärkere Anbindung der europäischen Landwirtschaft an globale Märkte
  • die Vorbereitung auf die Erweiterung der EU
  • eine stärkere Anpassung an die neuen gesellschaftlichen Bedürfnisse in Sachen Umweltschutz
  • eine verbesserte Vereinbarkeit der GAP mit Bedürfnissen von Drittländern

Seit der Reform im Jahr 2003 müssen Landwirte im Rahmen des sogenannten „Cross Compliance“ Vorschriften im Hinblick auf Umwelt-, Tier-, Pflanzen-, Boden- und Gewässerschutz, der Tiergesundheit sowie dem Schutz der Gesundheit der Bevölkerung einhalten, um Direktzahlungen in voller Höhe zu erhalten. Zudem müssen bewirtschaftete Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten werden.

2008: Gesundheitscheck

Der am 20. November 2008 vom Rat beschlossenen „Gesundheitscheck“ beinhaltete die Überprüfung der Reform aus dem Jahr 2003. Der Gesundheitscheck hatte eine Überarbeitung einer Vielzahl von Maßnahmen zur Folge. So wurde eine Kürzung der Direktzahlungen auf bis zu zehn Prozent im Jahr 2012 festgelegt. Dieses in der ersten Säule eingesparte Geld floss stattdessen in die zweite Säule und wurde dort verstärkt für Projekte im Bereich Klimawandel, erneuerbare Energien, Biodiversität, Wassermanagement, Milchviehhaltung sowie Innovation und Forschung eingesetzt.

2013: Die Entlohnung gesellschaftlicher Leistungen

Um die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, eine nachhaltige Landwirtschaft und Innovationen zu fördern sowie das Wachstum ländlicher Gebiete noch stärker zu unterstützen, wurde die GAP im Jahr 2013 erneut reformiert. Die Reform galt der Förderperiode von 2014 bis 2020. Die GAP wurde dabei stärker auf die Entlohnung gesellschaftlicher Leistungen ausgerichtet und sollte Landwirten auch weiterhin Sicherheit bei Marktkrisen bieten. Zudem wurde die Integration von Umweltanforderungen weiter vorangetrieben. Die Europäische Kommission und der Rat reagierten damit auf die sich gewandelten gesellschaftlichen Anforderungen und Herausforderungen, wozu beispielswiese die Globalisierung, der Schutz der Biodiversität, des Klimas und natürlicher Ressourcen oder demographische Veränderungen in ländlichen Gebieten zählte.

Dabei wurden neue Elemente in die GAP eingeführt, beispielsweise das sogenannte "Greening" der Direktzahlungen. Landwirte erhalten seitdem Direktzahlungen nur dann, wenn sie Umweltleistungen, wie beispielsweise den Erhalt von Dauergrünlandflächen, die Vielfalt bei der Fruchtfolge sowie die Bereitstellung von „ökologischen Vorrangflächen“ auf Ackerland erbringen.
Dabei wurden die Direktzahlungen in ein System aus sieben Komponenten umgeschichtet:

  • eine „Basisprämie“
  • eine „grüne“ Zahlung zur Förderung öffentlicher Umweltgüter
  • eine zusätzliche Unterstützung für Junglandwirte
  • eine Umverteilungsprämie, die Landwirten Unterstützung für die ersten bewirtschafteten Hektar gewährt  
  • eine zusätzliche Einkommensbeihilfe in Gebieten, die naturbedingten Einschränkungen unterliegen
  • Beihilfen, welche an die Erzeugung gekoppelt sind
  • vereinfachte Regelungen zugunsten von Kleinlandwirten

Zudem haben die Mitgliedstaaten der EU ab 2015 die Möglichkeit, die zur Finanzierung gedachten Mittel aus der ersten in die zweite und aus der zweiten in die erste Säule umzuschichten. Von der ersten in die zweite Säule ist maximal eine Umschichtung von 15 Prozent der Gelder vorgesehen, für die Umschichtung von der zweiten in die erste Säule sind maximal 25 Prozent vorgesehen.

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