Ölförderung: von nun an geht´s bergab

Seit zwei Jahrzehnten verbrauchen wir mehr Erdöl, als neues entdeckt wird. Ist der hohe Ölpreis schon das Anzeichen dafür, dass die weltweite Förderung zurückgeht? Auf die Zeit nach dem Öl sind wir schlecht vorbereitet.

Fortschritt durch Energieentwicklung

Vor 2000 Jahren gab es nur etwa 300 Millionen Menschen. Menschliche und tierische Muskelkraft, Wasser, Wind und Holzfeuer waren die einzigen Energiequellen, und der Energieverbrauch war minimal. Seither lernten die Menschen Kohle, Erdöl und Erdgas zu nutzen und bauten mit der neuen, leicht zugänglichen Form der Energie in Schwindel erregendem Tempo eine Industriegesellschaft auf. Sie entwickelten Handel und Transport und vermehrten sich dank des großen Nahrungsangebots und des medizinischen Fortschritts um das Zwanzigfache.

Die größten Ölförderländer
Foto: © Le Monde diplomatique

Energieverbrauch heute bei 12,7 Milliarden Liter pro Tag

Parallel stieg der Energieverbrauch. Er liegt heute bei über 80 Millionen Barrel oder 12,7 Milliarden Liter pro Tag, eine Menge, mit der sich der größte Gasspeicher Europas, das 117 Meter hohe Gasometer in Oberhausen, 36 Mal füllen ließe. Das kann natürlich nicht ewig so weitergehen. Und darum sehen die Experten in aller Welt jetzt gebannt auf die Produktionskurve und rätseln, wann die Ölquellen die ersten Anzeichen dafür zeigen, dass sie versiegen.

Weltweite Rezession durch hohe Energiepreise

Was passiert dann? Wenn sich das Niveau der Erdölförderung nicht mehr halten lässt, aber der Bedarf hoch bleibt oder sogar weiter steigt, wird auch der Ölpreis weiter klettern. Da jedoch die gesamte globale Ökonomie auf bezahlbarer Energie fußt, könnten hohe Energiepreise eine weltweite Rezession auslösen. Millionen Menschen würden dann ihre Arbeit verlieren, die sozialen Spannungen in allen industriell geprägten Ländern würden wachsen.

Ölförderung
Foto: © Le Monde diplomatique

Bestimmung der verfügbaren Ölmenge

Schon die Frage, wann die Förderung von Öl und Gas zurückgeht, ist schwer zu beantworten. Dass der Preisanstieg Ende 2007 auf bis zu 100 Dollar für das Barrel Öl schon ein Indiz für die Verknappung der Ressourcen ist, bleibt zunächst Spekulation. Denn die verbleibende verfügbare Ölmenge genau zu bestimmen ist fast unmöglich. Das beginnt bei der Menge der noch vorhandenen Vorräte.

Erschließung und Förderung von konventionellem Öl
Foto: © Le Monde diplomatique

Unterschiedliche Arten von Erdöl und Erdgas

Schließlich gibt es sehr unterschiedliche Arten von Erdöl und Erdgas, deren Preis sich danach bemisst, wie einfach sie zu fördern und zu verarbeiten sind. Eine Ölquelle im Mittleren Osten, aus der allein durch den Druck der Lagerstätte täglich 50.000 Barrel sprudeln, weist natürlich eine viel höhere Produktivität und damit einen niedrigeren Ölpreis auf als Ölsand in Kanada, dem man das Öl nur mit gewaltigem Aufwand abringen kann.

Es gilt also zu unterscheiden zwischen Öl und Ölsand, Schweröl und Öl aus großen Tiefen oder den Polarregionen. Wichtigste Ressource für die Kohlenwasserstoffchemie wird jedoch für lange Zeit die Förderung normalen Erdöls bleiben – daran bemessen muss der Zeitpunkt geschätzt werden, von dem an die fossile Energieerzeugung zurückgeht.

Prognose von niedrigen Förderquoten

Das wird zusätzlich erschwert, weil sich Ölfirmen und Ölförderländer nicht in die Karten gucken lassen. Um zu verhindern, dass die großen Ölgesellschaften von übertrieben günstigen Prognosen ihrer eigenen Ölvorkommen profitieren und damit ihren Unternehmenswert hochtreiben können, unterliegen sie einer strengen Finanzaufsicht. Also prognostizieren sie bei neuen Feldern eher zu niedrige Förderquoten.

Die Erdöl exportierenden Länder der Opec machen sich vor allem untereinander Konkurrenz. Weil sich ihre Macht am vermuteten Ausmaß ihrer Lagerstätten bemisst, haben einige von ihnen in den 1980er-Jahren geradezu bizarre Produktionserhöhungen angekündigt – sehr wahrscheinlich auf Grundlage ihrer ursprünglichen und nicht der noch vorhandenen Vorkommen. Auch ihre begrenzten Raffinerie-Kapazitäten haben sie dabei nicht berücksichtigt.

Verbleibende Lieferjahre
Foto: © Le Monde diplomatique

Glockenförmiger Produktionsverlauf

Solche politisch motivierten Angaben beeinflussen die Schätzungen der weltweiten Ölproduktion – man darf hier großzügig auf- oder abrunden. Generell zeigt die Produktion jedes Ölfeldes einen Verlauf in Form einer Glocke: Sie steigt langsam an, erreicht einen Gipfelpunkt und geht dann langsam zurück. Denn die Quelle versiegt nicht von einem Tag auf den anderen.

Trotz enormer Investitionen in die Ölsuche fördert die Welt seit den 1980er-Jahren mehr Öl, als neu erschlossen wird. Der so genannte Peak Oil, das Fördermaximum, wurde beim konventionellen Erdöl schon 2005 erreicht, bei anderen Erdölsorten wird es etwa 2010 so weit sein. In mehr als fünfzig Ländern hat die Produktion ihr Maximum bereits überschritten. Mit dem Öl aus diesen Ländern geht es seit ein paar Jahren deutlich bergab.

Es wird den Historikern überlassen bleiben zu sagen, in welchem Monat und Jahr der Gipfelpunkt des Erdöl-Zeitalters erreicht wurde. Vielleicht liegt der Tag schon hinter uns, vielleicht kommt der Scheitelpunkt noch. Sicher ist: Der Aufstieg des Ölzeitalters war ein kurzes und bemerkenswertes Kapitel in der Menschheitsgeschichte, die zweite Phase wird vom Niedergang der fossilen Energien und ihrer kulturellen Errungenschaften bestimmt sein.

Abschied vom Öl

Wir erleben heute diesen Wendepunkt, sind auf den schwierigen Wandel aber schlecht vorbereitet. Das muss nicht in einer Apokalypse enden. Vielleicht bricht mit dem Abschied vom Öl eine Epoche an, in der die Menschen friedlicher zusammenleben. Befreit vom Fluch des Öls. Allzu sicher sollte man sich da aber nicht sein.

Autor: Colin Campbell

Colin Campbell ist Geologe und Mitglied der Association for the Study of Peak Oil, Autor von »Oil Crisis, Brentwood (Multi-Science Publishing) 2005.

Mehr Informationen zu dem Thema:

Association for the study of peak oil and gas

ASPO Deutschland

Statistical Review of World Energy

Quelle:
Atlas special - Klima,
Le Monde diplomatique.

© 2007

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