Die Hälfte aller Kulturböden ist degradiert

Landwirtschaft, Waldrodung und industrielle Umweltverschmutzung sind die wichtigsten Gründe für die weltweite Degradation der Böden. Auch in Europa blockieren die großen Staaten wirksame Bodenschutz-Richtlinien.

Degradation

Ein Boden gilt als degradiert, wenn er einen Teil seiner vielfältigen Funktionen eingebüßt hat; also etwa die Fähigkeit, Pflanzen zu ernähren, Wasser zu filtern und eine große Artenvielfalt zu beherbergen. Etwa 1964 Milliarden Hektar Land sind weltweit von leichter bis schwerster Degradation betroffen – das ist mehr als die Hälfte aller nutzbaren Ackerflächen. Man unterscheidet vier Hauptarten der Degradation, die allesamt vom Menschen beschleunigt oder erst hervorgerufen werden.

Ausmaß und Art der Degradation
Foto: © Le Monde diplomatique

Wassererosion

Die häufigste ist die Wassererosion, ein Prozess, bei dem das Wasser Bodenpartikel löst und mit sich fortführt. Dies geschieht zumeist durch Regen oder abfließendes Oberflächenwasser. Die Wassererosion verschärft sich mit der landwirtschaftlichen Nutzung: Der Boden trocknet aus, die Artenvielfalt der Bodenorganismen nimmt ab, schützende Blätter und Äste gehen verloren. Dadurch versickert das Wasser nicht mehr und fließt stattdessen oberflächlich ab.

Winderosion

Bei der Winderosion trägt der Wind den Boden ab. Sie wirkt vor allem in semiariden Gebieten wie den Great Plains im Zentrum der USA, in der Sahelzone in Afrika und in den nördlichen Hochebenen Chinas. Auch in diesen Regionen trägt die Landwirtschaft zur Degradation entscheidend bei, weil sich die bearbeitete Bodenkrume leichter auflöst und schneller vom Wind fortgetragen werden kann.

Veränderung der chemischen Zusammensetzung

Die dritthäufigste Form der Degradation ist die Veränderung der chemischen Zusammensetzung des Bodens, die in verschiedenen Formen auftreten kann. Pflanzen nehmen Nährstoffe wie Stickstoff, Phosphat und Kalium aus dem Boden auf. Dieser Nährstoffverlust des Bodens muss durch Dünger kompensiert werden. Da die Pflanzen über ihre Wurzeln natürliche Säuren in den Boden abgeben, muss auch die Versauerung durch Kalkung ausgeglichen werden.

Eine weitere Folge der Bewirtschaftung kann die Versalzung sein, wenn der Acker mit leicht salzhaltigem Wasser bewässert wird und sich das Salz mit der Zeit im Boden ansammelt. Auch industrielle Abwässer, die unbeabsichtigt oder zur Bewässerung auf Felder gelangen, können die chemische Zusammensetzung des Bodens nachhaltig verändern.

Physikalische Degradation

Die vierte Form ist die physikalische Degradation. Darunter versteht man vor allem die Verdichtung der Böden durch den Einsatz schwerer Landmaschinen oder – in geringerem Maße – durch Tiere. In einem derart verdichteten Boden können sich Wurzeln nicht so gut entwickeln.

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Ursachen der Degradation
Foto: © Le Monde diplomatique

Entwicklungsländern stärker betroffen

All diese Prozesse können am selben Ort auftreten, womit ihre Wirkungen kumulieren. Ein landwirtschaftlich genutzter Boden wird zugleich versauern, seine Nährstoffe verlieren, sich verdichten und mit alldem das schnellere Abfließen des Wassers begünstigen. Entwicklungsländer sind von der Bodenerosion stärker betroffen als die Industriestaaten, da die Bauern nicht die finanziellen und technischen Möglichkeiten haben, um die Erosion einzudämmen oder dem Nährstoffverlust gegenzusteuern.

»Degradationsspirale«

Wo die landwirtschaftlichen Flächen verloren gehen, folgt oft der Hunger. Je größer die Bodenprobleme sind, desto verbreiteter ist die Unterernährung. Und wenn die Bauern sich von ihren ausgelaugten Äckern abwenden, kommt es zu massivem Raubbau an Wäldern und Grünland. So gehen jährlich 50.000 Hektar Wald und 60.000 Hektar Wiesen verloren. Das engt den Lebensraum bedrohter Arten weiter ein, strapaziert bisher gesunde Böden und beschleunigt den Klimawandel. Denn die Rodung setzt große Mengen Kohlenstoff aus Böden und Biomasse frei. Roland Poss, Präsident der französischen Bodenforschungs-Gesellschaft AFES (Association française pour l’étude du sol), spricht deshalb von einer »Degradationsspirale«.

Die Entwaldung der Welt
Foto: © Le Monde diplomatique

Verbesserung der Bodenqualität

Wie schwer der Boden geschädigt wird, hängt auch von seiner Beschaffenheit ab, etwa ob er sandig, tonhaltig usw. ist, sowie von seiner Lage, etwa ob er Wind, Feuchtigkeit und sonstigen Einflüssen ausgesetzt ist. Weitere Faktoren sind die Bevölkerungsdichte und das lokale Einkommensniveau.

Die Bodenqualität lässt sich jedoch mit Techniken verbessern, die dem Erhalt des Bodens statt seiner maximalen Ausbeutung dienen. Dazu zählen etwa die Zuführung alkalischen Kalkdüngers, Maßnahmen zur Entwässerung, Terrassierung der Felder oder auch direkte Aussaat auf unbearbeiteten Boden, damit die Pflanzendecke erhalten bleibt (etwa wenn in Brasilien Mais auf Bohnenfeldern angebaut wird).

Noch keine gemeinsame Bodenschutzpolitik in Europa

Auch die 150 Millionen Hektar Agrarfläche der EU (15 Prozent der Gesamtfläche) sind von Wind- und Wassererosion betroffen oder weisen bereits einen verringerten Gehalt an organischen Substanzen auf. Dem soll die EU-Rahmenrichtlinie zum Schutz der Böden entgegenwirken. Einen ersten Entwurf hat die Europäische Kommission im September 2006 veröffentlicht, das Europäische Parlament hat das Vorhaben im Oktober 2007 mit großer Mehrheit begrüßt. Doch im Dezember 2007 haben die Regierungen Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens die Verabschiedung der Richtlinie zunächst einmal blockiert. Auf eine gemeinsame Bodenschutzpolitik muss Europa weiter warten.

Autorin: Carole Rap

Carole Rap ist Journalistin.

Mehr Informationen zu dem Thema:

Internationales Zentrum für Bodenfruchtbarkeit

International Food Policy Research Institute

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit

Quelle:
Atlas special - Klima,
Le Monde diplomatique.

© 2007

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