New York setzt auf Natur statt auf Technik

Als 1997 in New York sauberes Trinkwasser knapp wurde, stand die Stadt vor der Wahl: sie konnte in industrielle Wassertechnik investieren oder in den Schutz der Landschaft, die der Stadt seit Jahrhunderten Trinkwasser liefert.

Staudämme zur Trinkwasserversorgung

Die Catskill Mountains im Norden von New York ziehen jedes Jahr Millionen Wochenendurlauber an. Die New Yorker lieben die sonnigen Berge, die kleinen Bauernhöfe, das bunt flammende Herbstlaub und im Winter die nahen Hügel zum Skifahren. Weniger bekannt ist, dass das Idyll das Wasserwerk der Stadt ist: Denn die Bäche und Flüsschen speisen New Yorks Trinkwasserquellen.

Schon 1905 haben die Wasserbehörden New Yorks in den Wäldern zwischen den beiden Flüssen Catskill und Delaware Staudämme angelegt, um die 250 Kilometer entfernte Metropole mit Trinkwasser zu versorgen. Heute nutzen neun bis zehn Millionen Menschen das Wasser aus den Catskill Mountains zum Kochen, Trinken, Duschen und Zähneputzen.

Das Wasser für New York City kommt von weit her und ist naturrein
Foto: © Le Monde diplomatique

Trinkwasser aus Oberflächengewässern

In den USA beziehen zwei Drittel aller Städte und Gemeinden ihr Trinkwasser aus Oberflächengewässern und nicht, wie häufig in Europa, aus Grundwasser. Die natürliche Wasserreinigungsanlage der Catskill Mountains arbeitet rund um die Uhr: Sie filtert, sammelt und speichert jeden Tag 6,8 Milliarden Liter Trinkwasser, die durch dicke Rohre nach New York fließen. 90 Prozent ihres Wasserbedarfs deckt die Stadt in den Catskills.

Intakte Natur erledigt Dienstleistung

Jahrzehntelang konnten sich die Bewohner auf die Reinigungskraft des insgesamt 5000 Quadratkilometer großen Einzugsgebiets der Flüsse verlassen: Das Wasser war von hervorragender Qualität, mehrfach prämiert und wurde sogar in Flaschen abgefüllt verkauft. Die Natur erledigte diese Dienstleistung kostenlos.

Und ganz nebenbei hielt die Vegetation das Wasser nach starken Niederschlägen zurück und ließ es nur langsam in die Flüsse abfließen, die schließlich in den Hudson münden. Die intakte Natur verhinderte Hochwasser, stoppte die Erosion der Böden und bot Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

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Konzentrierte Maßnahme zum Erhalt des New Yorker Wassers
Foto: © Le Monde diplomatique

Verschlechterung des Trinkwassers

Die New Yorker haben die hohe Qualität ihres Trinkwassers lange für selbstverständlich gehalten. Dabei haben sie vergessen, dass ihr Trinkwasser aus Schnee und Regen stammt, der nicht weit von ihrer Stadt entfernt niedergeht. Erst Ende der 1980er-Jahre hat die US-Umweltbehörde EPA die Stadt davor gewarnt, dass ihr Trinkwasser sich allmählich verschlechtert.

Daraufhin beschloss der US-Kongress, das Land rund um die Flüsse und Bäche zu schützen. Die Zersiedelung der Landschaft musste genauso gestoppt werden wie die Verschmutzung durch Abwässer aus Ferienhaussiedlungen und intensiver Landwirtschaft und die Rodung von Wäldern für neue Golfplätze.

Investition in ökologische Ressourcen

1991 forderte die EPA die Stadt New York auf, eine Filteranlage für ihr Trinkwasser zu bauen – es sei denn, die Wasserqualität ließe sich mit anderen Mitteln sichern. Angesichts der enormen Baukosten einer solchen Anlage von bis zu acht Milliarden Dollar und jährlichen Betriebskosten von etwa 300 Millionen Dollar entschied sich die Stadt für eine andere Strategie. Sie investierte in ihre ökologischen Ressourcen, nämlich in die Landschaft im Einzugsgebiet der Flüsse.

Seit 1997 wurden fast zwei Milliarden Dollar für ein Wasserschutzprogramm ausgegeben. Die Stadt hat mit diesem Geld Land rund um die Stauseen gekauft, um so die dortigen Wälder und Feuchtgebiete zu schützen und die Vermüllung und Zersiedlung zu stoppen. Sie hat den Grundbesitzern Kredite gewährt, um die Wälder entlang der Wasserläufe zu erhalten, und sie hat Bauern und Förster dabei unterstützt, ihre Felder und Wälder umwelt- und trinkwasserfreundlich zu bearbeiten.

Dreifacher Erfolg des Wasserschutzprogramms

Diese Maßnahmen provozierten zunächst den Widerstand der örtlichen Immobilienbranche, die nun nicht mehr frei über das Land verfügen konnte. Aber auch viele Umweltaktivisten waren unzufrieden, weil ihnen der Schutz nicht weit genug ging. Doch die Behörden von New York sehen ihr Wasserschutzprogramm als dreifachen Erfolg: Die Stadt hat langfristig kostengünstiges und gutes Wasser; die Bewohner der Catskill Mountains werden für ihr umweltverträgliches Verhalten belohnt, und die Touristen können weiter eine Landschaft genießen, die dauerhaft vor unkontrollierter Bebauung geschützt ist.

Für Wasser bezahlen Arme am meisten
Foto: © Le Monde diplomatique

New York als Vorbild

Dieser Erfolg hat Nachahmer gefunden. In Costa Rica haben 20.000 Einwohner und einige Unternehmer der Hauptstadt eingewilligt, mehr für ihr Wasser zu bezahlen und den Überschuss in den Erhalt der oberhalb von San Jose gelegenen Wälder zu investieren. Auch die Republik Ecuador und einige Regionen in Mexiko folgen dem Vorbild New Yorks. Es sind Versuche, einen Geburtsfehler des globalkapitalistischen Wirtschaftssystems zu korrigieren, das blind ist für den unermesslichen Wert des natürlichen Kapitals unserer Umwelt.

Autorin:

Gretchen C. Daily; Professorin für Biologie an der Stanford-Universität; Mitarbeiterin beim Natural Capital Project und Autorin

Mehr Informationen zu dem Thema:

Natürliches Kapital

New York City Wasserversorgung

US-Umweltbehörde

Quelle:
Atlas special - Klima,
Le Monde diplomatique.

© 2007

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