Die NGOs gelten seit ihrem entschiedenen Auftreten beim Rio-Gipfel, der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung von 1992, als die Bausteine einer globalen Zivilgesellschaft. Die Bezeichnung NGO (Nongovernmental Organization; Nicht Regierungsorganisation) stammt aus dem Vokabular der UNO und bezeichnet die Differenz zu Staaten und »regierungsamtlichen« Organisationen, auf denen das UN-System aufbaut. Seit den 1970er-Jahren sind viele Gruppen und Organisationen entstanden, die als unabhängig von staatlichen Stellen und zumeist auch als nicht parteigebunden gelten.
In der Regel sind NGOs mehr oder weniger spezialisierte Verbände mit bestimmten Themen und Arbeitsfeldern wie humanitäre Soforthilfe, Entwicklungspolitik, Menschenrechte, Umwelt und Frieden. Dabei kann es sich um Gruppen von nur wenigen Experten handeln oder auch um Massenbewegungen und manchmal um eine Mischung von beidem.
Viele NGOs haben sich in einem bestimmten Land entwickelt, weiten ihre Aktivitäten dann aber über Partnerbeziehungen auf die internationale Ebene aus. Zum Beispiel ist Greenpeace, eine der prominentesten NGOs, zunächst als lokale Initiative im kanadischen Vancouver entstanden.
Dagegen organisieren sich die so genannten Ingos, also Internationale NGOs, von Anfang an oder schrittweise auf globaler Ebene. Das beste Beispiel ist amnesty international. NGO kann also Vieles heißen.
In den Ländern, in denen das Recht auf Zusammenschlüsse erst vor kurzem erkämpft wurde oder beschränkt bleibt, sind NGOs oft »Vereine« oder »Verbände « im weitesten Sinn (und nicht im engen Sinn der UN-Definition).
Die Entwicklung hin zu einem globalen Aktionsraum und zur Finanzierung von entsprechenden Projekten hatte allerdings auch zur Folge, dass immer mehr Pseudo-NGOs auftreten. Von ihnen gibt es drei Kategorien: die Gongos (G für »government«), also staatlich organisierte NGOs; die Mongos (M für »Mafia«), also zu betrügerischen Zwecken organisierte NGOs; und schließlich die Fongos (F für »foreign«), die von ausländischen Geldgebern organisiert werden.
Bei einigen Fongos treten als Geldgeber auch Non-profit-Organisationen auf. Solche gemeinnützige Stiftungen reklamieren zuweilen die Ethik von NGOs für sich. Das gilt etwa für die US-amerikanische Ford-Stiftung oder die Open Society Foundation des Milliardärs George Soros.
Seit dem ersten Weltsozialforum in Porto Alegre (2000) spricht man auch von einem »neuen Internationalismus«. Die sozialen Bewegungen, auf denen er beruht, stehen in vielfachen und komplexen Beziehungen zu den NGOs. Dabei bezieht sich der Begriff »soziale Bewegung« auf massenhafte Aktivitäten, die jeweils für eine Gesellschaft spezifisch sind. Ihre Träger sind Gruppen, die durch ein oder mehrere Ziele zusammengehalten werden und sich zu einer aktiven politischen Kraft auf nationaler oder internationaler Ebene entwickeln.
NGOs sind zuweilen unmittelbar an solchen Bewegungen beteiligt (Massen-NGOs), in anderen Fällen können sie die Rolle von sympathisierenden Experten oder auch von Trittbrettfahrern spielen (Gongos, Mongos). Manche NGOs bleiben jedoch bewusst auf ihr besonderes Interessengebiet beschränkt und wollen keinerlei Interaktion mit den sozialen Bewegungen.
Die internationalen Aktivitäten von NGOs können also sowohl einer wirklich grenzüberschreitenden Solidarität nahe kommen, sie können aber auch zu einer Art von laizistischen Weltbeglückungsmission werden oder schlicht auf traditionellen politischen Lobbyismus hinauslaufen.
Eine der wichtigsten Quellen für NGOs ist das Jahrbuch, das vom Centre for Civil Society an der London School of Economics publiziert wird. Nach der Ausgabe 2003/04 ist die Zahl der Mitarbeiter der wichtigsten Ingos weltweit zwischen 1993 und 2003 um 50 Prozent und die Zahl ihrer regionalen Büros um 43 Prozent (von 12.500 auf 18.000) gestiegen.
Auch auf diesem Gebiet springt die Dominanz der reichen Länder ins Auge: Sie beherbergen 83 Prozent der Büros und stellen 38 Prozent der Mitarbeiter. Kein Wunder: NGOs übernehmen in steigendem Maße Programme der staatlichen Entwicklungshilfe, weil sie als effizienter und oftmals mit der Lage vor Ort vertrauter gelten.
Die stärkste Zunahme von NGOs ist heute in Osteuropa, Zentralasien und Südasien zu verzeichnen, am schwächsten sind sie immer noch im Nahen Osten und Nordafrika vertreten.
Die NGOs des »Südens« (und dabei insbesondere in Asien und Lateinamerika, seltener in Afrika) konnten die internationalen Sozialforen und bestimmte Kampagnen (etwa zum Schuldenerlass für die ärmsten Länder) dazu nutzen, vom Rest der Welt stärker wahrgenommen zu werden.
So war zum Beispiel die massive Präsenz der Dalit (Unberührbaren) in Indien eines der auffälligsten Merkmale des Weltsozialforums von Mumbai (Bombay) im Januar 2004.
• Erdbeben in Armenien 1988
Von den gelieferten 5.000 Tonnen Arzneimitteln und medizinischen Geräten im Wert
von 55 Millionen Dollar hatten 8 Prozent das Verfallsdatum überschritten und 4 Prozent
waren unbrauchbar. Von den übrigen 88 Prozent erwiesen sich 58 Prozent als ungeeignet.
• Frankreich 1991
Von 4.000 Tonnen Arzneimitteln, die karitative Organisationen gesammelt haben,
wurden nur 20 Prozent im Rahmen des angegebenen Hilfsprogramms genutzt.
• Bosnien-Herzegowina 1992–1996
Während des vierjährigen Kriegs bezog das Land 17.000 Tonnen ungeeigneter
Medika mente, die zu vernichten 34 Millionen Dollar kostete.
• Tsunami in Indonesien, Provinz Aceh 2004
Von den 4.000 Tonnen erhaltener Arzneimittel mussten 622 entsorgt werden; von ihnen
waren 60 Prozent ungeeignet und bei 25 Prozent war das Verfallsdatum überschritten.
Bernard Dréano ist Autor von „Dépression dans le Sud-Caucase. Voyage entre guerre et paix“, Paris (Paris-Méditerranée) 2003.
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Quelle:
Atlas der Globalisierung,
Le Monde diplomatique.
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