Die Klimafrage

Das Pariser Abkommen war ein Meilenstein, aber die Energiewende lässt auf sich warten.

Der Kompromiss zum deutschen Kohleausstieg sei ein »historischer Kraftakt«, sagte am 26. Januar 2019 der Vorsitzende der »Kohlekommission« Ronald Pofalla. Das Gremium mit Vertretern aus Industrie, Gewerkschaften, Bundesländern, Wissenschaft und Umweltverbänden hatte sich geeinigt, bis 2038 die Kohleverbrennung in Deutschland zu beenden. Dafür erhalten die betroffenen Regionen 40 Milliarden Euro Strukturhilfen und Unternehmen und Beschäftigte einen Ausgleich für ihre Verluste.

Primärenergieverbrauch

Primärenergieverbrauch
Foto: © Le Monde diplomatique

»Powering Past Coal Alliance«

Deutschland, lange einer der Vorreiter in der internationalen Klimapolitik, findet damit wieder Anschluss an die Staaten, die es mit dem Klimaschutz ernst meinen. Insgesamt 30 Staaten und 22 Provinzen und Städte weltweit haben in der »Powering Past Coal Alliance« verkündet, aus dem dreckigen Brennstoff auszu steigen. Darunter sind Länder wie Tuvalu und Liechtenstein, die ohnehin kaum Kohlestrom beziehen, aber auch andere wie Großbritannien oder Kanada, für die Kohle in der Vergangenheit eine wichtige Energiequelle war. »Ein schneller Übergang weg von der Kohle ist nötig, um die Klimaziele zu erreichen«, heißt es in der Erklärung der Anti-Kohle-Koalition.

Doch die Kohle ist zäh: Weltweit ist der dreckige Brennstoff längst noch nicht abgeschrieben. Nach Zahlen des Mercator Instituts für Gemeingüter und Klimawandel (MCC) sind allein in China und Indien noch etwa 150 neue Kraftwerke im Bau, noch einmal so viele sind geplant. Und Länder wie Indonesien, Vietnam, die Türkei oder Bangladesch und Ägypten setzen verstärkt auf die Kohle.

Die Beispiele zeigen: Die großen Erfolge der weltweiten Klimapolitik stehen bislang vor allem auf dem Papier. Während sich die Weltgemeinschaft im Pariser Abkommen von 2015 zum Handeln verpflichtet hat, ist von einer schnellen weltweiten Energiewende wenig zu sehen. In der realen Welt nehmen Extremwetter wie Hitzewellen, Dürren oder Starkregen zu, und die globalen Kohlendioxidemissionen sind zuletzt wieder gestiegen. Obgleich die Warnungen vor den rasch schmelzenden Polargebieten und Gletschern immer lauter werden und die Wissenschaft in immer kürzeren Zyklen die Probleme immer treffender beschreibt, hat die weltweite Klimapolitik, abgesehen von einigen ermutigenden Fortschritten, an Schwung verloren.

Seit dem Pariser Abkommen sind die Vorgaben klar und die Aufgaben verteilt. Die Ziele des Abkommens sind völkerrechtlich verbindlich, seit der Vertrag noch 2016 im Rekordtempo ratifiziert wurde. Aber niemand außer ihrer eigenen Bevölkerung kann die Staaten zwingen, sie umzusetzen. Einerseits gibt es nun die nötigen Regeln, die erforderlichen technologischen Durchbrüche und die Märkte für grüne Technologien. Andererseits zeigt ein ernüchternder Blick auf die Realität, dass die weltweiten CO²-Emissionen bisher fast noch nie gesunken sind. Und dass deshalb die Zeit sehr knapp wird, um die Klimaziele noch zu erreichen.

Das Pariser Abkommen ist der Meilenstein in der Klimapolitik. Mit ihm verpflichten sich 196 Staaten dazu, den Klimawandel bis 2100 so stark zu begrenzen, dass (hoffentlich) große Katastrophen ausbleiben. Dafür soll der Anstieg der globalen Mitteltemperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit »deutlich unter 2 Grad Celsius« gehalten werden, 1,5 Grad werden angepeilt. Um das zu erreichen, soll die Weltwirtschaft zur Mitte des Jahrhunderts praktisch vollständig auf die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Öl, Kohle und Gas verzichten. Für die Industrienationen heißt das, die »Dekarbonisierung« muss schneller voranschreiten, um den Schwellenländern für den Übergang zur CO²-freien Wirtschaft noch ein paar Jahrzehnte mehr Zeit zu geben. Den armen Ländern sollen ab 2020 jährlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und grüne Techno logien zur Verfügung stehen. Außerdem verpflichten sich die Staaten, über Schadenersatz für Klimafolgen wie Stürme, Dürren oder Überschwemmungen zu verhandeln und eine weltweite nachhaltige Entwicklung voranzutreiben.

Vor allem aber beendet »Paris« offiziell die Zweiteilung der Welt beim Klimaschutz. 1997 hatten die Staaten im Kioto-Protokoll noch festgelegt, dass nur die Industrieländer ihren CO²-Ausstoß um 5,2 Prozent reduzieren sollten. Das gelang, nutzte der Atmosphäre aber wenig. Aufstrebende Volkswirtschaften wie China, Indien oder Brasilien übernahmen die Rolle der Verschmutzer – und begründeten das lange mit der Notwendigkeit, der Armut zu entwachsen. In Paris nun verpflichteten sich offiziell alle Länder zum Klimaschutz, wenn auch nach eigenen Vorgaben und abgestuftem Zeitplan.

Wie schwierig es ist, nur die Temperaturziele zu erreichen, hat 2018 ein Sonderbericht des UN-Klimarats IPCC gezeigt. 91 Autorinnen und Autoren antworten hier auf die Frage, was getan werden muss, um den Anstieg der Temperatur bei 1,5 Grad zu halten. Ihre Schlussfolgerungen: Zwischen 2010 und 2030 müssten die weltweiten CO²-Emissionen um 45 Prozent reduziert werden. In jedem weiteren Jahrzehnt sollten sie halbiert werden, um bis 2050 praktisch auf null zu sinken. Ökoenergien müssten mindestens 70 Prozent des Stroms liefern. Die Effizienz der Energie nutzung müsste sich dramatisch verbessern, und auch ungeliebte Techniken wie CCS (Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO²) müssten erforscht werden. Das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, sei nicht unmöglich, sagte IPCC-Chef Hoesung Lee bei der Vorstellung des Berichts: »Aber da wir bereits die Konsequenzen von einem Grad Erwärmung sehen, braucht es dafür schnelle und weitreichende Veränderungen in der Gesellschaft.«

Der Bericht warnt aber auch: Zwischen 1,5 und 2 Grad gebe es große Unterschiede. 1,5 Grad bedeute 10 Zentimeter weniger Anstieg des Meeresspiegels, 10 Millionen Menschen weniger, die deshalb ihre Heimat verlieren. Die Arktis werde bis 2100 im Sommer nur einmal ihr Eis verlieren, sonst einmal alle zehn Jahre. Bei einem Anstieg von 1,5 Grad würden im warmen und saurer werdenden Ozean »nur« 70 bis 90 Prozent der Korallen sterben, verglichen mit praktisch allen bei 2 Grad. Die Weltwirtschaft erreicht bei 1,5 Grad ein höheres Wachstum, und »einige hundert Millionen Menschen« weniger werden von Armut bedroht, weil ihnen die Verwüstung ihres Besitzes durch Stürme und Fluten erspart bleibt.

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Meilenweit entfernt von Null-Emissionen

Meilenweit entfernt von Null-Emissionen
Foto: © Le Monde diplomatique

2 Grad plus Kurs

Es wäre schon ein großer Erfolg, wäre die Welt auf einem Kurs zu 2 Grad plus in 2100. Denn nach den bisherigen Trends und Szenarien steuern wir auf eine Erwärmung von 3 bis 4 Grad zu – mit potenziell katastrophalen Folgen, die sich noch kein IPCC-Bericht in aller Deutlichkeit ausgemalt hat. Den vollmundigen Versprechen auf den Klimakonferenzen stehen bislang kaum Fortschritte bei der Eindämmung der Emissionen gegenüber.

Der internationale Schwung im Klimawandel hat bereits ein Jahr nach der Champagnerlaune von Paris einen großen Dämpfer erhalten: In den USA wurde Donald Trump zum Präsidenten gewählt. Er ruinierte die Umweltbehörde EPA, strich Klimagesetze der Vorgängerregierung und kündigte an, sein Land werde das Abkommen von Paris verlassen. Der formelle Austritt wird nach UN-Regeln am 4. November 2020 gültig – am Tag nach den nächsten US-Präsidentschaftswahlen. Ein neugewählter Regierungschef könnte also in letzter Minute erklären, die USA noch im Abkommen halten zu wollen.

Bei den Klimakonferenzen hat das Ausscheiden der USA bislang keinen großen Schaden angerichtet. Anders als befürchtet sind dem Klimaausstieg der USA bislang keine weiteren Länder gefolgt. Im Gegenteil: Das Pariser Abkommen wurde 2016 so schnell ratifiziert und in Kraft gesetzt wie noch kein internationaler Vertrag zuvor. Auch wenn der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro vor seiner Wahl angekündigt hatte, das Abkommen zu verlassen, ruderte er später zurück – auch unter dem Druck europäischer Investoren. Andere Wackelkandidaten wie Australien oder Saudi-Arabien haben es bislang vorgezogen, an den Tischen der UN-Klimakonferenzen sitzen zu bleiben und den Prozess bei Gelegenheit von innen zu bremsen.

Der Schwung von Paris ist verflogen, aber die Hoffnung ist geblieben. Für viele Diplomaten und Klimaschützer gibt es durchaus Lichtblicke beim nationalen und globalen Klimaschutz. Während das Kioto-Protokoll nach dem Ausstieg der USA im Jahr 2000 praktisch erledigt war, lebt das Pariser Abkommen weiter. 2020 müssen die Staaten neue und verbesserte Klimapläne vor legen. Dann wird es auch juristisch ernst. Die EU etwa hat ihren Emissionshandel mit CO²-Zertifikaten bereits verschärft. Es werden höhere Preise für die Verschmutzer gefordert und Energiesparen wird belohnt. EU-Staaten, die ihre Klimaziele beim Verkehr oder in der Gebäudetechnik nicht erreichen, müssen in den kommenden Jahren für viel Geld CO²-Zertifikate von anderen EU-Ländern kaufen. Allein für Deutschland rechnen Gutachten bis 2030 mit kumulierten Kosten von 30 bis 60 Milliarden Euro – ein guter Anreiz für den Finanzminister, auf mehr Klimaschutz zu drängen.

Auch anderswo werden die Finanzen wichtig fürs Klima. China hat wie die EU einen Emissionshandel gestartet, ähnlich wie einzelne Bundesstaaten und Provinzen in den USA und Kanada. Damit unterliegen inzwischen etwa 15 Prozent aller CO²-Emissionen einem Handelssystem. Die Idee, dass CO² etwas kosten muss, zieht immer weitere Kreise. OECD-Generalsekretär Ángel Gurría fordert einen »dicken fetten Preis« für Kohlenstoff. Viele Schwellenländer könnten mit einer Abgabe auf CO² ihre Gesundheits- oder Sozialprogramme finanzieren, raten Experten.

Optimistisch stimmen die Experten auch die Preise für erneuerbare Energien und Stromspeicher in Batterien. Sie sind in den letzten Jahren dramatisch gefallen, teilweise um 30 bis 40 Pro zent pro Jahr. Sonnenstrom lässt sich an sonnenreichen Orten wie Arizona oder am Persischen Golf derzeit für weniger als 3 Cent pro Kilowattstunde erzeugen, billiger als Elektrizität aus Gas und Kohle. Noch immer sind die zusätzlichen Kosten von Erneuerbaren ein Wettbewerbsnachteil (Kredite sind teurer, weil Banken das Risiko scheuen; es braucht mehr Planung, Kapazitäten und Speicher, um die Schwankungen von Sonnen- oder Windstrom im Netz auszugleichen) – aber den Ökoenergien gehört die Zukunft, sagt selbst Shell-Vorstandschef Ben van Beurden: »Die Energie wende wird zum Mainstream für die Allgemeinheit, unsere Aktienbesitzer und innerhalb unserer Firma.«

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Treibhausgase und Strahlungsantrieb

Die kommende Heißzeit© Le Monde diplomatique

Representative Concentration Pathways (RCPs) sind Szenarien, die der Weltklimarat (IPCC) in seinem fünften Sachstandsbericht 2014 verabschiedet hat. Die Repräsentativen Konzentrationspfade zeigen Strahlungsantriebe und Treibhausgaskonzentrationen im Jahr 2100 gegenüber den vorindustriellen Werten von 1850, je nachdem wie viele Treibhausgase in den kommenden Jahren ausgestoßen werden. Die vier RCPs – RCP 2,6, RCP 4,5, RCP 6,0 und RCP 8,5 – sind nach möglichen Strahlungsantriebswerten im Jahr 2100 benannt. Der Strahlungsantrieb bezeichnet die Strahlungsenergie, die pro Sekunde und pro Quadrat meter durch die Tropopause (Grenzschicht zwischen Troposphäre und Stratosphäre) hindurchkommt – und die Erde aufheizt. RCP 6,0 etwa steht für einen von anthropogenen Treibhausgasen verursachten Strahlungsantrieb von 6,0 Watt/m² im Jahr 2100.

Die Abweichung wird zum Trend

Die Abweichung wird zum Trend © Le Monde diplomatique

Ohnehin drängen viele Unternehmen inzwischen auf ernsthaften Klimaschutz. Regelmäßig identifiziert das Weltwirtschaftsforum in Davos die Bedrohung durch die Erderwärmung als eine der größten Unsicherheiten: Globale Unternehmen sind bei Rahmen bedingungen für ihre Vorprodukte, Lieferketten und Arbeitskräfte weitaus verwundbarer als bei Energiepreisen. So machen regel mäßig große Unternehmen und Investoren Druck für ernsthaften Klimaschutz. Das Divestment, das Umschichten von Kapitalanlagen aus Firmen, die auf fossile Energieträger setzen, hin zu nachhal tigen Anlagen, greift um sich. Und mehr als 500 große Firmen machen sich inzwischen unter Führung des Finanzstabilitätsrats der G-20-Staaten darüber Gedanken, wie sehr ihre Investitionen durch den Klimawandel gefährdet sind. Einer der Leiter des Gremiums, der New Yorker Millionär Michael Bloomberg, sagt: »Je mehr die Unternehmen über die Risiken wissen, desto schneller können sie reagieren. Und je mehr sie darüber informieren, desto besser können Investoren kluge Entscheidungen treffen.«

CO₂ braucht einen Preis

Höchste Zeit für eine Kohlenstoffsteuer © Le Monde diplomatique

Im Pariser Klimaabkommen verpflichten sich die Länder, CO₂-Emissionen spürbar zu reduzieren. Ein mögliches Instrument ist die Kohlenstoffsteuer. Sie funktioniert nach dem Verursacherprinzip: Wer Klimagase ausstößt, muss zahlen. Anders als der Zertifikatehandel in der Europäischen Union – der nur knapp die Hälfte der Emissionen in den beteiligten Ländern abdeckt – wäre sie einfach zu verwalten und würde für alle gelten. Besteuert werden fossile Brennstoffe – entsprechend ihrem Kohlenstoffgehalt. Die Steuerlast würde von Produzent zu Produzent, also von den Öl-, Gas- und Kohle förderfirmen bis zu den Endverbrauchern, weitergereicht werden. So entstünde ein Anreiz, auf klimafreundlichere Produkte umzusteigen. Als Kompensation sind Steuerentlastungen an anderer Stelle oder Pro-Kopf-Zurückzahlungen im Gespräch.
Um das 2-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, wäre ein Preis zwischen 34 und 68 Euro pro Tonne CO₂ nötig. Bisher wird nur etwa ein Zehntel der Emissionen mit einem solchen Preis belegt, fast 50 Prozent der Emissionen sind abgabenfrei.

Fortschritte vor Gericht

Fortschritte macht der Klimaschutz auch vor Gericht. Immer mehr Einzelpersonen und Umweltgruppen nutzen die nationalen Klimagesetze oder die völkerrechtlichen Verpflichtungen, die ihre Länder mit dem Pariser Abkommen eingegangen sind, um gegen ihre Regierungen zu klagen. So schaffte es die niederländische Gruppe urgenda mehrfach, ihre Regierung vor Gericht dazu zu verpflichten, ihre Klimaziele zu erweitern. Auch einzelne Unternehmen wie RWE müssen sich vor Gericht dafür verantworten, dass ihre CO²-Emissionen in anderen Teilen der Welt Schäden anrichten können. Laut UN-Umweltprogramm Unep waren 2017 weltweit 884 Prozesse in 24 Ländern anhängig, bei denen es ums Klima geht. »Vor Gericht zu gehen ist heute wohl wichtiger als je zuvor«, heißt es im Unep-Bericht »Klimawandel vor Gericht«.

Nicht zuletzt bewegt die Klimapolitik die Menschen. Hitze sommer wie 2018 in Mitteleuropa oder verheerende Waldbrände und Überflutungen in anderen Teilen der Welt lassen viele Menschen erkennen, dass der Klimawandel kein fernes Zukunftsszenario ist, sondern dass sie mittendrin leben. Das führt zu Reaktionen, von denen keiner weiß, wie langfristig sie sind: Viele Menschen wählen grüne Parteien, unterstützen in Meinungsumfragen drastische Maßnahmen wie höhere CO²-Preise, kompensieren ihre persönliche CO²-»Schuld« aus Flügen und Autofahrten oder verzichten aus Umweltgründen auf Fleisch.

Die Erderwärmung steht auch auf Platz eins der globalen Sor gen, die der US-Thinktank Pew Research Center regelmäßig in repräsentativen Umfragen ermittelt. Im Frühjahr 2018 war der Klimawandel für 67 Prozent der Menschen in 26 Ländern die größte Gefahr, deutlich vor dem islamistischem Terror oder einem Atomkrieg. Allerdings zeigen ältere Umfragen auch, dass diese Befürchtung gerade in den Ländern am geringsten ist, die wie die USA den höchsten Pro-Kopf-Ausstoß von CO² haben. Zumindest zeitweise wird auch in diesen Regionen jungen Menschen klar, dass es um ihre Zukunft geht: Nach dem Vorbild der junge Schwedin Greta Thunberg nahmen 2018/19 weltweit tausende Schülerinnen und Schüler am »Schulstreik fürs Klima« teil.

Doch auch die Gegenbewegung ist sichtbar: Sobald Klimaschutz zu höheren Preisen etwa bei Benzin oder Fleisch führt oder die persönliche Freiheit einschränkt, wird Protest laut. In Deutschland zum Beispiel sorgt regelmäßig das Reizthema »Tempolimit auf Autobahnen« für eine wütende Reaktion von Bürgerinnen und Bürgern, angestachelt von Politik und Presse.

Nicht zuletzt die Angst vor einer Protestwelle in den deutschen Braunkohlerevieren, vor allem der Lausitz, trieb die »Kohlekom mission« des Bunds 2018/19 zu weitreichenden Zugeständnissen bei den Strukturhilfen und Investitionen. Weder Politiker noch Umweltschützer wollten für den dringend notwendigen Klima schutz den Zorn ganzer Regionen auf sich ziehen. »Wir lassen niemanden zurück« lautete das Motto der SPD-Umweltministerin Svenja Schulze. International war schon auf der Klimakonferenz in Katowice 2018 über einen »gerechten Übergang« für die Kohle regionen diskutiert worden. Dahinter verbirgt sich im globalen Maßstab die nächste brisante Frage der »Klimagerechtigkeit«: Sollen Regionen und Länder, die durch ihre Bodenschätze Kohle und Öl maßgeblich am Klimawandel verdient haben, in Zukunft dafür bezahlt werden, diese Ressourcen im Boden zu lassen?

Für alle Beteiligten gilt der Ausspruch von Barack Obama: »Wir sind die erste Generation, die die Auswirkungen des Klimawandels spürt, und die letzte, die etwas dagegen tun kann.« Das Problem einer Überhitzung der Erde ist spätestens seit 1988 bekannt. In der Dekade 2010 bis 2020 wurden die nötigen Verträge und Abkommen geschlossen. Das Jahrzehnt bis 2030 wird darüber entscheiden, ob der Klimawandel für die Menschen einigermaßen beherrschbar bleibt – und ob seine Bekämpfung mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDG) der Vereinten Nationen verknüpft werden kann: Ende der Armut, Bildung für alle, Zugang zu Gesundheitsvorsorge, Rettung der natürlichen Lebensgrundlagen, des Ackerbodens, der Luft, des Trinkwassers, der Meere. Von den 17 SDGs ist die Beherrschung des Klimawandels »nur« Nummer 13 – aber ohne eine Lösung dafür sind die anderen 16 Ziele nicht zu erreichen.

Autor: Bernhard Pötter ist taz-Redakteur für Wirtschaft und Umwelt mit dem Schwerpunkt Klima, Energie und Umweltpolitik.

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Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie

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