Zwei Rehe hinter Grashalmen
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Gemeinsam gegen das Bundesjagdgesetz

Zusammen mit anderen Natur- und Tierschutzvereinen möchte Naturefund das aktualisierte Bundesjagdgesetz ablehnen. Denn in dieser Form wird die Novellierung unseren Anforderungen leider in keinster Weise gerecht, weil der Tier- und Umweltschutz den wirtschaftlichen Interessen der Forstwirtschaft untergeordnet wird.

Naturefund möchte sich gemeinsam mit der Albert-Schweitzer-Stiftung, dem Bund gegen Missbrauch der Tiere, dem Bundesverband Tierschutz, der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutz, dem Deutschen Tierschutzbund, Peta Deutschland, PROVIEH und TASSO gegen die Novellierung des Bundesjagdgesetzes einsetzen. Denn durch unsere Arbeit im Naturschutz haben wir erkannt, welch große Beutung intakte Ökosysteme, auch für den Klimaschutz, haben. Denn nur ein vollständiges Ökosystem kann funktionieren. Das aktuelle Bundesjagdgesetz nimmt viel zu wenig Rücksicht auf das Bewahren von intakten Ökosystemen und stellt die wirtschaftlichen Interessen der Forstwirtschaft vorne an. Deswegen möchten wir uns mit vereinter Stimme gegen das Bundesjagdgesetz aussprechen.

Die Jagd ist kein vernünftiger Grund zum Töten

Allen voran sollte im Jagdrecht ausdrücklich vermerkt werden, dass die Jagd an sich, die bundesweit überwiegend als Freizeitbeschäftigung betrieben wird, keinen vernünftigen Grund zum Töten von Tieren im Sinne des Tierschutzgesetzes darstellt. Vielmehr bedarf es für die Bejagung eines jeden Tieres eines vernünftigen Grundes. Anderenfalls kann auch nicht von einer „weidgerechten Jagd“ gesprochen werden. Die aktuelle Diskussion bestätigt dieses Erfordernis einmal mehr. Die in diesem Zusammenhang immer wieder zitierte Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 TierSchGbietet hierfür gerade keine Grundlage, da sie ausschließlich das „Wie“ der Jagd regelt, nicht aber auch „ob“ eine Tierart überhaupt bejagt werden darf. Um hier die erforderliche Klarheit zu schaffen, sollte endgültig eine entsprechende Regelung in das BJagdG eingeführt werden.

Vor diesem Hintergrund ist es überfällig, die Liste der jagdbaren Tierarten der veränderten gesellschaftlichen Einstellung zum Tierschutz, die sich rechtlich im Staatsziel Tierschutz widerspiegelt, anzupassen. Dabei sind die aktuellen wissenschaftlichen, wildbiologischen und wildökologischen Erkenntnisse, insbesondere über die Populationsdynamik zu berücksichtigen. Für viele Tierarten besteht schon deshalb kein vernünftiger Grund für deren Bejagung, weil ein relevanter wirtschaftlicher Schaden durch die Tierart nicht nachgewiesen werden kann, eine Bestandsregulierung mit jagdlichen Mitteln nicht erfolgreich möglich ist oder weil die Tierart in der Regel nicht sinnvoll als Lebensmittel verwertet wird. Die Bejagung und letztlich Tötung eines Tieres, für die es keinen vernünftigen Grund gibt, stellt aber einen Verstoß gegen § 17 Nr. 1 TierSchG dar und ist strafbar. Für diese Tierarten sollte noch einmal genau überprüft werden, inwieweit sich aus tierschutzrechtlicher Sicht tatsächlich noch Vorteile aus einem Verbleib im Anwendungsbereich des Jagdrechts ergeben oder ob ihr Schutz nicht anderweitig besser sichergestellt werden kann.

Schutz der Wildtiere wird zurückgesetllt

Der vorliegende Entwurf zur Novellierung des Bundesjagdgesetzes ist in vielen Punkten tierschutz- und wildtierfeindlich. Er verschiebt durch die Ergänzung des Hegebegriffs zugunsten der Forstwirtschaft die gemäß Grundgesetz gebotene Gleichrangigkeit zwischen Tierschutz und Naturschutz eindeutig zulasten des Tierschutzes (vgl. Stellungnahme DJGT v. 20.11.2020). Durch die Änderung des §1 Abs. 2 (BJagdG) und in der Folge der §§ 21 und 27 würde insbesondere die Verpflichtung zur Aufrechterhaltung eines gesunden Wildbestandes (§1 Abs. 2) unzulässig in ihrer Bedeutung zurückgestuft und zugleich würde sich die tierschutzrechtliche Situation gegenüber der derzeit schon problematischen Situation, die sich aus zahlreichen überholten und tierschutzfeindlichen Vorschriften des BJagdG ergibt, noch einmal deutlich verschlechtern. Die geplanten neuen Vorschriften haben einseitig eine Verjüngung des Waldes im Blick. Wald und Wild müssen aber in ihrer natürlichen Symbiose und Wechselwirkung koexistieren können. Somit ist es die Jagdausübung als Nutzungsrecht, die sich in ihrer konkreten Ausgestaltung diesen beiden Staatszielen angemessen anzupassen hat.

Das Nachtjagdverbot erfüllt schon heute aufgrund der bestehenden Ausnahmen für die Nachtjagd auf Wildschweine, Beutegreifer und weitere Tierarten nicht die ursprüngliche Zielsetzung des Bundesjagdgesetzes, wenigstens den grundsätzlich tagaktiven Tierarten, wie dem wiederkäuenden Schalenwild und dem sogenannten Federwild eine störungsfreie Nachtruhe zu ermöglichen. Insbesondere durch die Möglichkeit der nächtlichen Jagd auf Wildschweine und auf Beutegreifer wird der Sinn des Nachtjagdverbotes ad absurdum geführt. Nicht nur den Paarhufern wird durch die Nacht ein letzter Rückzugsort genommen, sondern auch für alle anderen jagdbaren und nicht jagdbaren Tierarten bedeutet die Jagd zur Nachtzeit eine erhebliche Störung.

Verschärfungen des Bundesjagdgesetz zwingend notwendig

„Das ist des Jägers höchst Gebot, was du nicht kennst, das schieß nicht tot!“ Dieses Gebot – eigentlich der Inbegriff der Weidgerechtigkeit – wird insbesondere bei den stark zunehmenden Bewegungsjagden wohl kaum hinreichend beachtet werden können, zumal bereits der Erfolgsdruck seitens der Staatsforste auf Berufsjäger enorm ist. Wenn in der Öffentlichkeit hieraus der nicht unbegründete Eindruck entsteht, dass Gelegenheitsjäger auf alles schießen, was sich bewegt, weil das korrekte Ansprechen eines Wildtieres bei vielen Drückjagden kaum möglich ist, weil für politisch Verantwortliche nur ein totes Reh ein gutes Reh, eine tote Wildsau eine gute Sau ist, sollte der Gesetzgeber das Bundesjagdgesetz entsprechend nachschärfen. In diesem Zusammenhang den fahrlässigen Abschuss eines Elterntieres entgegen § 22 Abs. 4 Satz 1 lediglich als eine Ordnungswidrigkeit zu ahnden, wie es die Ausschüsse empfehlen, entspricht hingegen der vollständigen Kapitulation gegenüber den berechtigten Anliegen des Tierschutzes.

Der jetzt vorliegende Entwurf zum BJagdG ist hinsichtlich der sogenannten Schalenwildbejagung ein weiterer Rückschritt im Hinblick auf den Tierschutz bei der Jagd und wird absehbar keine signifikanten Verbesserungen der Wald- und Forstsituation hervorbringen. Die Biodiversität der Waldlebensraumtypen in Deutschland wird insgesamt abnehmen. Die Verjüngung unserer Wälder kann – wie auch in der Gegenwart – nur erfolgreich sein, wenn die Zielsetzungen der Land- und Forstwirtschaft hinsichtlich ökologischer und wildtierbiologischer Erfordernisse grundlegend neu justiert werden. Um den Aufwuchs von Wäldern kurzfristig zu sichern, erscheinen technische non-letale Schutzmaßnahmen erfolgversprechender zu sein, als ein maßloses Abschießen von Wildtieren.

Mehr Informationen unter www.wildtierschutz-deutschland.de