Wildblumenwiese
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Die Bundesregierung und die neue GAP – Was hat der Naturschutz davon?

Das Endspiel um die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP) in Deutschland hat  begonnen – zumindest wenn es nach der Bundesregierung geht.

Der Nationale Strategieplan

Sie will, dass der sogenannte Nationale Strategieplan (NSP), also die Regeln für die milliardenschwere Agrarförderung der Jahre 2023-2027 in Deutschland noch vor der Bundestagswahl festgezurrt werden. Dazu müssen bis Juni rund zehn verschiedene Gesetze und Verordnungen durch Bundestag und Bundesrat gebracht werden, obwohl frühestens im Mai die Rahmengesetze der EU feststehen werden und erst im Juni die von Angela Merkel einberufene Zukunftskommission Landwirtschaft ihre Empfehlungen veröffentlichen wird.Diese Eile kann als sehr kritisch (und völlig unnötig) gesehen werden, immerhin geht es um Weichenstellungen, die die Art unserer Landnutzung für das neue Jahrzehnt entscheidend prägen werden.

Julia Klöckner hat sich dennoch offenbar mit der Umweltministerin verständigt, dass am 24.3. das Bundeskabinett über ein Gesetzespaket beschließen soll, das parallel mit den Bundesländern abgestimmt und wenn nötig im Frühsommer an die Brüsseler Verhandlungsergebnisse angepasst wird.

Vorschläge des Bundeslandwirtschaftsministerium

Ein Blick auf die Vorschläge der Bundeslandwirtschaftsministerin, die sie am 1. März in Form von Eckpunkten veröffentlicht hat, zeigt, dass es noch viel Diskussionsbedarf gibt. In der Pressemitteilung wird dargelegt, wie die Erste und die Zweite Säule der GAP auf nationaler Ebene inhaltlich und finanziell aufgebaut werden sollen. Die Ministerin für Landwirtschaft und Ernährung Frau Julia Klöckner spricht weiterhin von einem „Systemwechsel“. Aber wie ambitioniert sind die Vorschläge hinsichtlich des Erhalts der Biodiversität wirklich?

In der ersten Säule werden die Direktzahlungen an Umweltauflagen geknüpft. Diese EU-Vorgabe, genannt Konditionalität, deren genaue Ausgestaltung in Brüssel noch verhandelt wird, ist vom Grundgedanken so erfreulich wie selbstverständlich, dennoch sind schon die von der EU-Ebene zu erwartenden Mindeststandards viel zu gering und lassen befürchten, dass die Umweltbilanz der GAP im Großen und Ganzen nicht weit über die schon in der letzten Förderperiode (2014-2022) geltenden „Cross-Compliance-Regelungen“ und das „Greening“ hinausgehen werden. Ein Systemwechsel sieht anders aus!

Die Vorschläge des BMEL zur Umsetzung der Konditionalität enthalten einen Mindestanteil von drei Prozent nichtproduktiver Flächenanteile (oder Landschaftselemente) auf Ackerland. Auf Grünland fehlen die unproduktiven Flächen komplett, dabei wären gerade in intensiven Grünlandregionen Rückzugsräume für viele Arten wichtig. Doch für den Erhalt der Biodiversität brauchen wir deutlich mehr ungenutzte Flächen als Lebensraum und Nahrungsgrundlagen für die Artenvielfalt und zur Produktion von Umweltleistungen wie Bestäubung und natürlicher Schädlingskontrolle – nämlich laut aktuellen Studien mindestens zehn Prozent. Nur die Konditionalität garantiert eine Strukturvielfalt auf ganzer Fläche – denn nicht überall werden Landwirte freiwillig auf Produktionsflächen verzichten, so attraktiv eine Entschädigung auch sein mag, die über die Öko-Regelungen (“Ecoschemes”) gezahlt werden könnte.

Finanzierung der Öko-Regelungen zu gering

Die Ecoschemes werden über die Erste Säule finanziert. Hier legt sich Julia Klöckner schon jetzt auf einen Anteil von nur 20 Prozent der bisher pauschal pro Fläche fließenden Direktzahlungen fest – obwohl in Brüssel das Europäische Parlament in den laufenden Verhandlungen auf 30 Prozent besteht – vor Mai wird es hier keine Klarheit geben. 20 Prozent entsprechen etwa 900 Millionen Euro jährlich, die dadurch für die Honorierung von Umwelt-, Tierwohl- und Naturschutzleistungen, wie auch den Ökolandbau bereitgestellt werden könnten. Hier werden aber mind. 2 Mrd. € benötigt, um die Öko-Regelungen auch wirtschaftlich attraktiv zu gestalten und auf großer Fläche umzusetzen. Angesichts der Bedarfe in diesen Bereichen also viel zu wenig, vor allem wenn man bedenkt, dass dann weiterhin 80 Prozent der Gelder pauschal an den bloßen Flächenbesitz geknüpft verteilt werden.

Für den Erhalt der Biodiversität kommt ein weiteres Problem hinzu: Wie das Greening der zu Ende gehenden aktuellen GAP zeigt, wirkt Förderung nur, wenn sie ausschließlich solche Maßnahmen zulässt, die wirklich wirksam für den Erhalt der Artenvielfalt sind. „Ökologische Vorrangflächen“ in denen Zwischenfrüchte angebaut werden dürfen, Blühstreifen, die zu schmal sind oder die Förderung von “Präzisionslandwirtschaft” per se wirken aus verschiedenen Gründen nicht ausreichend. Daher müssen die Ecoschemes klare Qualitätsstandards erfüllen.

Die formulierten Öko-Regelungen des BMEL werden in der Pressemitteilung nicht detailliert dargestellt. Die Überschriften machen jedoch gewisse Hoffnung, dass hier fachlich hochwertige Lösungsansätze zum Schutz der Biodiversität angeboten werden. Die Maßnahmen umfassen eine Erhöhung des Umfangs der nichtproduktiven Fläche und der Landschaftselemente und deren Aufwertung in Blühstreifen, Blühinsel und Altgrasstreifen. Außerdem soll die Extensivierung von Dauergrünland, die Weidehaltung von Schafen, Ziegen und Mutterkühen und Agroforstsysteme über die Öko-Regelungen gefördert werden. Doch Klarheit wird erst bestehen wenn die konkreten Gesetzesvorschläge vorliegen, die am 24.3. im Bundeskabinett beschlossen  werden sollen.

Die zweite Säule der GAP

Elementar zum Erreichen der Naturschutzziele ist aber die Zweite Säule der GAP, diese stemmt schon bisher den Löwenanteil der Finanzierung von Schutzgebieten und Pflegemaßnahmen für wichtige Lebensräume. Hier stehen durch die Agrarumweltklimamaßnahmen (AUKM) effektive und regionalspezifische Förderprogramme auf Ebene der Bundesländer zur Verfügung – allerdings in viel zu geringem Umfang. Basierend auf Zahlen der Bundesregierung geht der NABU davon aus, dass jährlich eine Milliarde Euro notwendig wäre – dreimal so viel wie bisher.

Zur finanziellen Ausgestaltung der AUKM können Mittel aus der Ersten Säule in diese überführt werden. Julia Klöckner will diese Umschichtung ab 2023 von derzeit sechs auf 8 Prozent erhöhen. Dies ist ein Anfang, reicht jedoch bei weitem nicht aus um den Bedarf der Finanzierung der Natura-2000-Gebiete und des Artenschutzes zu gewährleisten. Da der Ökolandbau bis 2030 auf einen Anteil von 20-25 Prozent der Landesfläche wachsen soll, entsteht hier zudem, sollte dessen Förderung nicht in die Erste Säule wandern, eine ungewollte Konkurrenz zu den anderen Agrarumweltklimamaßnahmen. Daraus folgt, dass der Anteil der Umschichtung ebenfalls über die Jahre wachsen muss, um überhaupt die langfristige Finanzierung der AUKM inklusive des Ökolandbaus zu gewährleisten! Um die erwähnte Milliarde für die Biodiversität alleine zu erreichen sind 20 Prozent Umschichtung nötig.

Fazit

Eine unzureichende Ausgestaltung der Konditionalität und eine viel zu geringe Bereitstellung finanzieller Mittel für den Naturschutz in der Ersten sowie in der Zweiten Säule sind kein Systemwechsel. Die Möglichkeit der GAP-Reform, dass Landwirte und Landwirt*innen auf die Herausforderungen unserer Zeit- Schutz der natürlichen Ressourcen, Klimawandel und Verlust der Biodiversität- angemessen reagieren und sich auch ökonomisch anpassen können, wird mit diesem Vorschlag der Bundeslandwirtschaftsministerin aufs Spiel gesetzt!

Mit dem Nationalen Strategieplan liegt es in den Händen der deutschen Bundes- und Landesregierungen eine nachhaltige und zukunftsfähige Landwirtschaft jetzt in die Wege zu leiten. Alles andere würde Betriebe, den ländlichen Raum und unsere ganze Gesellschaft in noch größere  ökonomische und ökologische Krisen führen.

Die Landwirtschaft von morgen mitgestalten

Hier geht es zum GAP-Ticker des NABU