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Agroforstwirtschaft: Gut für Boden, Natur und Ertrag

Der Landwirtschaft wird oft vorgeworfen, sie erzeuge artenverarmte Monokulturen. Ein Ruf, mit der auch die Forstwirtschaft zu kämpfen hat. Der Verein Naturefund möchte aufzeigen, was Gehölze auf Agrarflächen bewirken können.

Mit sogenannten Dynamischen Agroforsten (DAF) soll jahrhundertealtes Wissen in die aktuelle Flächenbewirtschaftung fließen. Damit könne der Ertrag erhöht werden – es entstehen klimaresiliente Anbauflächen.

Wo und mit welchen Grundprinzipien Naturefund e. V. tätig ist, wie resiliente Agroforstsysteme entstehen und wo sich erste Erfolge bereits zeigen? Wir haben im Interview nachgefragt.

Was verbirgt sich hinter Ihrer Agroforst-Methode?

DAF ist eine Anbaumethode, die auf dem Wissen der indigenen Völker Lateinamerikas beruht. Es werden Nutz- und Begleitpflanzen auf derselben Fläche eng zusammen gepflanzt – enger als man es in mitteleuropäischen Lehrbüchern lesen würde. Die Pflanzen sollen vor allem im Wurzelbereich, in dem die größte Vielfalt an Leben herrscht, in Kontakt kommen, sodass Synergie-Effekte und Symbiosen zum Tragen kommen.

Der Hauptunterschied zu „konventionellen“ Agroforst-Systemen ist die große Vielfalt an Pflanzen. Bäume, Sträucher, mehrjährige Stauden, einjährige Kräuter und verschiedene Gemüsesorten bilden gemeinsam ein sehr dichtes und dynamisches System, das vor allem über den Schnitt moderiert wird. Dies sind im Übrigen auch die Grundprinzipien vom DAF: Vielfalt, Dichte, Schnitt!

Von Agroforstsystemen profitieren Menschen und Naturräume

Wie profitiert die Natur von Ihren Agroforstsystemen?

Durch die dynamischen Agroforst-Reihen entstehen auf Äckern unterschiedliche Biotope. Die Baumreihen mit dichtem Unterbewuchs bieten kleinteilige Habitate für eine Vielzahl von Tieren. Sie bauen Humus auf, bieten Wind- und Bodenerosionsschutz, speichern CO2, binden Feuchtigkeit. So kühlen sie auch die umliegenden Landschaften. Das Gelände wird insgesamt wesentlich strukturreicher.

Schön wird es, wenn ein System aus den Kinderschuhen herauswächst und sich stabilisiert. Die Erträge steigen und man staunt immer wieder über die tierische und pflanzliche Artenvielfalt, die sich dort versammelt. Positive Erfahrungen sind für uns auch die Reaktionen von Menschen, wenn sie so ein Agroforst-System selbst erleben und verstanden haben.

Welche Menschen meinen Sie damit?

Im Grunde kann sich jeder an uns wenden, der Interesse an dieser Anbaumethode hat und mehr darüber wissen möchte. Mit Forstverwaltungen und Förstern haben wir bisher noch keine konkreten Projekte umgesetzt, fänden das aber sehr spannend. Aktuell übernehmen wir hauptsächlich die Zusammenstellung und Bestellung der Pflanzen für Landwirte oder Kommunen.

Gerade haben wir eine erste Evaluation unserer Projekte durchgeführt. Künftig wollen wir für unserer Projektpartner eine Liste mit Baumschulen und Forstbetrieben bereitstellen.

Internationale Agroforstsysteme tragen Früchte

Sie sind auch in anderen Ländern der Welt tätig. Wo – und was ist dort anders?

Wir sind mit DAF vor allem in Bolivien, Madagaskar und Malawi aktiv. Zukünftig werden wir auch in Costa Rica Landflächen erwerben und diese mithilfe des DAF renaturieren. Viele Menschen leben in diesen Ländern noch von der Subsistenzwirtschaft. Eine Reihe dynamischer Agroforste hat dort einen vielfach höheren Stellenwert und kann einen großen Unterschied für Erwerbsverhältnisse ausmachen. DAF liefert einer kleinbäuerlichen Familie dort nicht nur Nahrung und Wirtschaftsgüter, sondern unter anderem auch Brenn- und Bauholz. Dieses Zusammenspiel bewahrt und schützt wiederum die wilde, natürliche Vegetation.

Das sind natürlich andere Bedingungen als in Deutschland.

Für Deutschland mit seinem hohen Grad der Mechanisierung braucht man andere Konzepte. Hier wird der DAF vor allem wegen seiner Ökosystem-Dienstleistungen und seinen gemeinwohlorientierten Funktionen im Rahmen des Klimaschutzes geschätzt. Es geht vor allem darum, einen Beitrag zum Naturschutz und für die Biodiversität zu leisten.

Wir sind uns sicher, dass mit jedem Jahr, in dem es mehr Dürren, Starkregen und sonstige Wetterextreme gibt, ein Umdenken einsetzt und die Bereitschaft nach Alternativen wie den Agroforstsystemen zu schauen wächst. Wir sind überzeugt: Die bisherigen großflächigen landwirtschaftlichen Monokulturen mit ihrer intensiven Bewirtschaftung werden keine Antwort auf die Herausforderungen der kommenden Jahre und Jahrzehnte sein.

Interessierte können sich im Landkreis Mainz-Bingen und Wiesbaden oder in Trechtingshausen und Köngernheim unsere Projekterfolge von Naturefund ansehen. Mehr Informationen sind außerdem auf der Webseite von Naturefund zu finden.

Zum Interview auf forstpraxis.de