Bodenorganismen
90 Prozent aller Landarten sind in ihrem Lebenszyklus zumindest zeitweise an den Boden als Lebensraum gebunden. Die meisten dieser Arten sind sehr klein, zugleich sind es aber sehr viele. In einer Hand voll fruchtbaren Ackerbodens finden sich mehr Bodenorganismen als es Menschen auf der Erde gibt. Diese Organismen fördern die Bodenstruktur, zersetzen und bauen Stoffe ab. Sie tragen zur Pflanzengesundheit sowie zur Regulierung des Wasserhaushalts bei und schaffen die Voraussetzung dafür, das Pflanzen wachsen und angebaut werden können: einen fruchtbaren Boden. Diese natürliche Grundlage gilt es zu schützen. Der Rückgang der Artenvielfalt, der für die oberirdischen Arten der Agrarlandschaft bereits gut dokumentiert ist, zeigt sich auch bei den in den bundesweiten Roten Listen geführten Bodenorganismen.
Ein diverses und aktives Bodenleben ist nicht nur grundlegender und bislang häufig ausgeblendeter Bestandteil des Naturhaushaltes, sondern auch maßgebliche Grundlage für eine nachhaltig betriebene Landbewirtschaftung. Unterirdisches und oberirdisches Leben sind durch Nahrungsnetze stark miteinander verbunden. Die von Bodenorganismen erbrachten Ökosystemleistungen wie Stoffumwandlungsprozesse, Förderung der Bodenstruktur sowie ihr Beitrag zu Wasserhaushalt und Pflanzengesundheit schaffen die essentielle Grundlage des Pflanzenwachstums und der Landwirsschaft – einen fruchtbaren Boden.
Intensive Landwirtschaft schadet dem Lebensraum Boden
Die heute auf großer Fläche dominierende intensive Landwirtschaft beeinträchtigt den Lebensraum Boden mitsamt dem Bodenleben erheblich und versucht den damit einhergehenden Verlust natürlicher Prozesse teils durch vermehrten Einsatz von Technik und Agrochemie zu kompensieren. Mineralische Düngemittel, synthetische Pflanzenschutzmittel und weitere Stoffeinträge reichern sich im Boden an und schädigen die dort lebenden und wirkenden Organismen. Auch der Einsatz von immer intensiverer und schwererer Technik verdichtet und verändert das Bodengefüge in einem Maße, in dem es vielen Bodenlebewesen keinen angemessenen Lebensraum mehr bietet. Der ökologische und ökonomische Schaden, der mit dem Verlust im Boden lebender Arten für den Naturhaushalt, aber auch für die Landwirtschaft einhergeht, ist enorm.
Es besteht die Gefahr, dass speziell im Boden lebende Arten aussterben, bevor sie taxonomisch erfasst und beschrieben wurden. Da das Bodenleben auch in der Wissenschaft lange unterhalb des Blickfeldes blieb und die Arten hier meist klein und hoch divers sind, sind erst ein Prozent der im Boden lebenden Arten erfasst. In Diversität und Biomasse überschreitet das Bodenleben mit ca. 15 Tonnen pro Hektar in den gemäßigten Breiten die des oberirdischen Lebens deutlich. Die Bodenorganismen, die bereits seit längerem in den bundesweiten Roten Listen geführt werden, zeigen jedoch bereits den gleichen deutlich negativen Trend, der für die oberirdische Diversität in Agrarlandschaften festgestellt wird.
Der Schaden, der mit dem Verlust im Boden lebender Arten für den Naturhaushalt, aber auch für die Landwirtschaft einher geht ist enorm. Die Kosten für eine technische Umsetzung wichtiger Funktionen des Bodens und der darin wirkenden Organismen werden für die EU auf 38 Mrd. € pro Jahr geschätzt. Gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels kann das Bodenleben einen großen Beitrag zur Klimaanpassung leisten, indem es den Landschaftswasserhaushalt stabilisiert und Wild- wie auch Kulturpflanzen resistenter gegen Trockenstress macht. Auch können einige Bodenarten als Bioindikatoren dienen, die es erlauben frühzeitig auf veränderte Umweltbedingungen zu reagieren
Was tun, zum Schutz des Bodens?
Daher besteht die Notwendigkeit, den Schutz des Bodens sowie der darin lebenden und wirkenden Organismen als integriertes Produktionsziel zu erklären, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und langfristig zu steigern. Humuserhaltende und humusmehrende Bewirtschaftung, konservierende Bodenbearbeitungsverfahren ohne schädlichen Herbizid-einsatz sowie eine Anbaudiversifizierung durch erweiterte Fruchtfolgen, Kulturpflanzendiversität und der Anbau von regionalen Zwischenfruchtmischungen können hierfür eine Grundlage sein. Von den vorgestellten Maßnahmen profitieren nicht allein die Bodenfruchtbarkeit, die Umwelt und die biologische Vielfalt über und unter der Erde. Sie machen sich auch für die Landwirtschaft insgesamt bezahlt. So leistet die Förderung des Bodenlebens beispielsweise auch einen wertvollen Beitrag zur Klimaanpassung.
Hier geht es zum Bodenreport des BfN
Dynamischer Agroforst - die innovative, nachhaltige Anbaumethode