In den westlichen Industrieländern haben hohe hygienische Standards die Infektionskrankheiten inzwischen weit zurückgedrängt. Waren Krankheiten wie Influenza oder Tuberkulose noch vor einem Jahrhundert für 20 Prozent der Todesfälle verantwortlich, sind sie es heute für weniger als 2 Prozent. Auch die bessere medizinische Versorgung mit mehr Ärzten und dem Zugang zu Medikamenten sorgt für bessere Heilungschancen im Krankheitsfall.
Dagegen leiden die Menschen in den Ländern des Südens vermehrt unter Infektionen und chronischen Vergiftungen. Durch verschmutztes Trinkwasser, das die Menschen aus Tümpeln, Wasserlöchern oder Seen schöpfen, werden Krankheiten wie Diarrhö (daran sterben jährlich 1,8 Millionen Menschen weltweit), Ruhr, Cholera, Typhus oder Darmwürmer übertragen.
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Zudem sind die vielen Tümpel Brutstätten von Insekten, die Parasiten in sich tragen und Menschen mit gefährlichen Krankheiten infizieren: Chagas-Krankheit, Onchocercose, Dengue-Fieber, Leishmaniose, hämorrhagische Fieber oder Chikungunya-Fieber. Allein an Malaria sterben jedes Jahr fast eine Million Menschen.
Bis Anfang des vorigen Jahrhunderts war sie noch in Italien verbreitet, konnte dort jedoch durch Trockenlegung von Sümpfen ausgerottet werden. In Anbetracht der natürlichen Lebensbedingungen des Überträgers – im Falle der Malaria die Anopheles-Mücke – hängt es von den hygienischen Gegebenheiten eines Landes ab, inwieweit die Ausbreitung solcher Krankheiten eingeschränkt werden kann.
Zu den toxischen Faktoren, die die Umwelt schädigen und Krankheiten verursachen, gehören die Belastung durch Schadstoffe im Boden, in Nahrungsmitteln und in der Luft. In den Städten atmen die Menschen Schwefeloxide und Bleirückstände ein, die in den Städten der reichen Länder drastisch reduziert wurden. Hinzu kommen Feinstaub von Fahrzeugen und Fabriken. Das fällt besonders in den Metropolen der Entwicklungs- und Schwellenländern ins Gewicht.
Als vierthäufigste Todesursache weltweit gilt die Innenraumluft-Verschmutzung durch Ruß- und Staubpartikel, die sich in der Lunge festsetzen, sowie das Einatmen von Kohlenmonoxid. Verursacht wird beides durch Kochen und Heizen mit festen Brennstoffen ohne effektiven Rauchabzug in einfachen Behausungen.
An den Folgen wie Lungenentzündung, Lungenkrebs oder chronischen Atemwegserkrankungen, die unter der Bezeichnung »chronisch obstruktive pulmonale Erkrankungen« (COPD) zusammengefasst werden, sterben jährlich bis zu 1,6 Millionen Menschen, hauptsächlich Frauen und Kinder in den Ländern des Südens, die viel Zeit in der Nähe des häuslichen Herdes verbringen.
Die Auswirkungen des Tabakkonsums fallen in den Ländern des Südens weniger ins Gewicht. Insgesamt wird die verseuchte und vergiftete Umwelt in den Entwicklungsländern für 25 Prozent der Todesfälle verantwortlich gemacht, im Vergleich zu 17 Prozent in den Industrieländern. Die Anzahl der gesunden Lebensjahre, die durch die Umweltbelastung verloren gehen, ist in den Entwicklungsländern fünfzehnmal höher als im Norden.
In den industrialisierten Ländern wächst das Bewusstsein für die Auswirkungen der Umweltverschmutzung, und zwar insbesondere in den Städten, wo jedes zehnte Kind an Asthma leidet. Krebserkrankungen, die zusammen mit Herz- und Kreislauf-Krankheiten knapp 70 Prozent der Todesursachen ausmachen, nehmen auch bei Kindern zu (in Frankreich um 1 Prozent jährlich). Jeder zweite Mann und jede dritte Frau ist davon betroffen, die Hälfte stirbt an einer dieser Krankheiten. Die Zahl der Neuerkrankungen ist in den letzten zwanzig Jahren ständig gestiegen.
Diese Zunahme ist nicht allein mit der höheren Lebenserwartung und wirksamer Früherkennung zu erklären, sondern vor allem auf Krebs erregende Substanzen zurückzuführen. Teer, Asbest und diverse Feinstäube verursachen Lungenkrebs. Benzol und Ethylenoxid verursachen Leukämie, Aflatoxine (Schimmelpilzgifte) lösen Leber- und Nierenkrebs aus.
Auch in Schwellenländern wie China steigt Krebs zur häufigsten Todesursache in städtischen Gebieten auf. Die stark zunehmenden Schadstoffe in Luft und Wasser sowie der Einsatz von Insektenvernichtungsmitteln und Zusätze in Nahrungsmitteln werden für diese Entwicklung verantwortlich gemacht.
Endokrine Disruptoren sind vom Menschen hergestellte chemische Verbindungen, die sich in Reinigungsmitteln, Weichmachern, Lösungsmitteln oder Pestiziden befinden und als künstliche Hormone wirken. Diese Umweltgifte gelangen über das Abwasser in die Umwelt und verursachen Störungen im Hormonsystem von Tieren, bei hoher Dosierung auch in dem von Menschen. Sie werden für Fortpflanzungsschwierigkeiten wie abnehmende Quantität und Qualität der Samenzellen verantwortlich gemacht.
Zu beobachten ist auch ein Anstieg von Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose. Darüber hinaus verursachen belastende und defizitäre Lebensumstände gesundheitliche Schäden: Schwerhörigkeit und Schlafstörungen durch Lärm, psychische Leiden, Herzattacken oder Diabetes durch Bewegungsmangel.
Derweil wächst die chemische Industrie weiter: Jährlich werden weltweit 400 Millionen Tonnen chemischer Produkte hergestellt – 1930 war es 1 Million Tonnen. Toxische chemische Substanzen verbreiten sich in allen Milieus (Böden, Flüsse, Meere, menschliches Blut, Muttermilch) und auf dem ganzen Planeten: So nehmen selbst die Inuit in Grönland über den Fisch, den sie essen, Quecksilber auf, ein Nervengift, von dem die Industrie schätzungsweise 4500 Tonnen jährlich als Abfallprodukt freisetzt.
Nirgendwo sonst wurden bislang derart hohe Werte an so genannten Dauergiften im Körper gefunden. Hinzu kommen Blei und Cadmium. Dauergifte sind hochgiftige Chemikalien, die nur sehr langsam oder gar nicht abgebaut werden. Sie reichern sich auf dem Weg durch die Nahrungskette an. Die Tiere im Polarkreis sind besonders betroffen, da sich die Dauergifte aufgrund globaler Winde und Strömungen in den nördlicheren Breiten ansammeln.
Kinder sind die größten Leidtragenden der Umweltverschmutzung; vier Millionen sterben jährlich an ihren Folgen. Die Weltgesundheitsorganisation hat 2004 in Budapest zum Schutz der unter Fünfjährigen (10 Prozent der Weltbevölkerung) aufgerufen, die von 40 Prozent der umweltbedingten Krankheiten betroffen sind, vor allem deshalb, weil sie proportional zu ihrem Körpergewicht mehr Schadstoffe aufnehmen.
Dorothée Benoit-Browaeys ist Wissenschaftsjournalistin und Sprecherin von VivAgora, www.vivagora.org; sie ist Autorin von (mit André Cicolella), »Alertes santé«, Paris (Fayard) 2005.
Bericht der WHO zu Krankheiten, die durch Umweltfaktoren beeinflusst werden
Quelle:
Atlas special - Klima,
Le Monde diplomatique.
© 2007
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