Outsourcing liegt vor, wenn ein Unternehmen seine Geschäftstätigkeit in einem Land ganz oder teilweise einstellt und sie in ein anderes Land auslagert. Dies soll sowohl dem eigenen Markt als auch der Wirtschaft des anderen Landes Vorteile bringen. Das Zielland der Auslagerung empfängt Direktinvestitionen und steigert seine Beschäftigung wie auch die Exporte in das Herkunftsland.
Zugleich senkt es seine Importe, weil die nun im Land hergestellten Waren nicht mehr eingeführt werden müssen. Im Herkunftsland hingegen steigen die Gewinne der Unternehmen mit verlagerter Produktion, während die Preise für die outgesourcten Produkte fallen.
In der Öffentlichkeit und den Medien wird Outsourcing vor allem im Zusammenhang mit der Auslagerung von Produktionsstätten in Schwellen- oder Entwicklungsländer thematisiert. In Europa sind vor allem die Länder des ehemaligen Ostblocks gemeint, die jetzt zur EU gehören. Mit ihnen drohen die Arbeitgeber insbesondere, wenn Belegschaften Lohnforderungen stellen.
Fälschlicherweise ist immer wieder von der »Konkurrenz der Niedriglohnländer« die Rede. Konkurrenz? Die Folgen des Outsourcings lassen sich nicht exakt messen. Manche Sektoren sind stärker, andere weniger betroffen, doch insgesamt bleiben die Folgen bisher überschaubar. In Frankreich konstatierte ein offizieller Bericht – wenn auch nicht unumstritten –, dass die Verlagerungen einen geringen Einfluss auf Wirtschaft und
Arbeitsmarkt haben. In Deutschland liegt die Summe der abgewanderten Arbeitsplätze in den letzten Jahren unter 100.000. Ähnliches gilt für die USA. Dort wirkt sich Outsourcing jährlich auf 200.000 bis 500.000 Stellen aus. Damit bekommen 0,15 bis 0,2 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung die unmittelbaren Folgen zu spüren. Von Produktionsverlagerung ist in erster Linie die Fertigungsindustrie betroffen, insbesondere die Textil- und Bekleidungsbranche, die Leder- und Holzverarbeitung sowie der Herstellung von Spielwaren und Elektrogeräten.
Der Trend lässt sich aber in allen Wirtschaftszweigen beobachten, in der Industrie wie im Dienstleistungssektor, in Bereichen mit hohen wie mit niedrigen Wertschöpfungskapazitäten: von der Automobilindustrie und der Luftfahrt über die Informatik bis hin zu Forschung und Entwicklung.
Die Zunahme der Outsourcing-Aktivitäten widerspricht der klassischen These von der internationalen Arbeitsteilung, die angeblich eine global ausgeglichene Spezialisierung zum gegenseitigen Vorteil garantiert. Das Gegenteil tritt ein: Die Konkurrenz zwischen den Ländern in den Sektoren, die die gleiche Art von Beschäftigung benötigen, verschärft sich.
In den Entwicklungsländern wird Outsourcing häufig als Chance zur Verbesserung der Handelsbilanz gesehen. So haben beispielsweise die enormen Exportzuwächse Chinas in hohem Maß mit der Präsenz multinationaler, vor allem US-amerikanischer Konzerne zu tun, die ihre Produktion dorthin verlagert haben. Wal-Mart allein importiert jedes Jahr von US-Unternehmen in China gefertigte Waren im Wert von 15 Milliarden Dollar, ein Fünftel des chinesischen Gesamtexportvolumens.
Die Entwicklung der Informationstechnologie bietet Staaten wie Indien neue Perspektiven. Damit verlieren die ärmsten Länder der Erde noch mehr den Anschluss. Hauptträger der Entwicklung sind die multinationalen Konzerne. Durch Outsourcing wollen sie ihre Rentabilität steigern. Sie setzen ihre Produktionssysteme dem internationalen Wettbewerb aus, um von den Unterschieden bei Produktivität, Löhnen und Arbeitsbedingungen, Umweltnormen und Steuervorteilen zu profitieren.
Die Zielländer wiederum begeben sich so in einen erbitterten Konkurrenzkampf. Sie wollen für das multinationale Kapital attraktiv sein und setzen ihre besonderen »komparativen Vorteile« umso stärker ein, je ärmer sie sind: geringere oder nicht vorhandene Sozialstandards und Umweltschutzbestimmungen, Missachtung grundlegender Arbeitsrechte und anderes mehr.
Diese Konkurrenz kann jegliche Möglichkeit realer ökonomischer und sozialer Entwicklung verhindern, die doch ein Grundinteresse der Menschheit angesichts der längst nicht befriedigten Bedürfnisse in der Welt ist. Outsourcing wirft die Frage nach dem Recht auf Entwicklung und nach der Wahrung sozialer und ökologischer Standards weltweit auf.
Immer wieder muss gefragt werden, ob Outsourcing die Lebensverhältnisse in den Zielländern verbessert oder verschlechtert und zu welchen Kosten die Standortverlagerungen betrieben werden. Dann können die sozialen Bewegungen, die sich für eine Alternative zu Neoliberalismus und Globalisierung einsetzen, Strategien entwickeln, die die weltweite Konkurrenz der Arbeitskräfteverhindern.
Nasser Mansouri-Guilani ist Autor von „La Mondialisation à l'usage des citoyens“, Paris (L'Atelier) 2004.
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Quelle:
Atlas der Globalisierung,
Le Monde diplomatique.
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