Seit dem Ende der Blockkonfrontation setzt sich das westliche, vor allem das US-amerikanische Gesellschaftsmodell auf dem Planeten immer weiter durch. Länder, die dieses Modell nicht übernommen haben, werden als »Übergangsstaaten« dargestellt, als Staaten im Übergang zur Demokratie. Hier entstehen und engagieren sich hunderte von NGOs (Non-Gouvernmental Organisations, Nichtregierungsorganisationen), und man spricht bereits von einer »NGOsierung«. In Georgien, einem für Washington strategisch wichtigen Land, entstanden fast 1.000 lokale NGOs, finanziert und unterstützt von etwa 50 internationalen NGOs.
Die in der ehemaligen Sowjetrepublik aktiven ausländischen NGOs unterscheiden sich stark in ihrer Größe, ihrer ideologischen Ausrichtung, ihrer finanziellen Ausstattung und auch hinsichtlich ihrer Verbindungen zur georgischen Regierung. Manche sind rein private Initiativen, wie das Open Society Institute (OSI) des amerikanischen Milliardärs George Soros.
Andere sind zwar ebenfalls nichtstaatlich, erhalten aber öffentliche Gelder, etwa die Hilfsorganisationen Care oder World Vision.
Zwei sind direkte Ableger US-amerikanischer Parteien, nämlich das National Democratic Institute (NDI) und das International Republican Institute (IRI).
Andere sind mit deutschen Institutionen oder Parteien verbunden, etwa der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung oder der Heinrich-Böll-Stiftung, die den Grünen nahe steht.
Hinzu kommen von anderen Staaten finanzierte staatliche Organisationen, zum Beispiel die United States Agency for International Development (USAid) oder die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza).
In ihren Zielländern finanzieren die NGOs zwar Programme, die unterschiedliche Ziele verfolgen: Schutz der Frauenrechte, Förderung des Kleinhandels, Stärkung der Zivilgesellschaft, Aidsprävention, Umweltschutz, Ausbildung von Journalisten oder Richtern, Reform der schulischen Bildung – allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie das demokratische Leitmodell übernehmen. So genannte demokratische Prinzipien bestimmen, ob und wie viel finanzielle Hilfe ein Land bekommt. Die Frage ist jedoch: Geht es tatsächlich immer nur um die Demokratie?
Nicht alle Organisationen arbeiten daran, ein ihrem Staat zuträgliches ideologisches Modell zu entwickeln. Die vielen im ehemaligen Ostblock aktiven NGOs propagieren unterschiedliche Varianten eines mehr oder weniger neoliberalen Demokratiemodells. Schließlich heißt es Rücksicht nehmen auf die Empfindlichkeiten der Geberländer und die Gepflogenheiten der Entwicklungshilfe. Dass die USA dabei eine Hauptrolle spielen, ist unbestreitbar – womit sie sich jedoch immer auch die Kritik einhandeln, dass sie die Hilfsleistungen instrumentalisieren.
Einige der amerikanischen NGOs verwahren sich aufrichtig gegen diesen Vorwurf. Aber ob sie wollen oder nicht, es stellt sich die Frage, inwieweit sie zur Festigung der Machtposition der USA beitragen. Wie verhält es sich beispielsweise mit den überall im exsowjetischen Raum aktiven evangelischen Sekten? Wo genau verläuft die Grenze zwischen der »politischen Strategie« und der messianischen Weltanschauung, dem Glauben daran, dass die Amerikaner berufen sind, für »das Gute« in der Welt zu kämpfen?
Die Strategie der USA ist erklärtermaßen die Verbreitung ihres liberalen Demokratiemodells. Irak, Kosovo oder Afghanistan gelten als Beispiele für eine »aufgezwungene Demokratisierung« – ein Widerspruch in sich. Aber es geht offenbar gar nicht so sehr um Demokratisierung als vielmehr um Herrschaft, denn Washington lässt nach wie vor auch Diktaturen direkte Unterstützung zukommen.
Immerhin haben US-Nichtregierungsorganisationen in einigen Ländern den Regimewechsel befördert: in Serbin (2000), Georgien (2003), der Ukraine (2004) und Kirgisien (2005) haben sie gewaltfreie Revolutionen zum Sturz der korrupten Herrscher unterstützt.
Die konservativen Menschenrechtsorganisationen Freedom House, das NDI und die Soros Foundation halfen der Opposition, den amtierenden Regierungen die Stirn zu bieten, Wahlen unter internationaler Beobachtung zu organisieren und den oppositionellen Medien Mut zu machen. Doch eine solche Förderung der Demokratie bleibt zumindest ambivalent.
1930 geboren in Budapest, überlebte trotz jüdischer Herkunft die deutsche Besetzung Ungarns
1946 Flucht vor der sowjetischen Okkupation aus Ungarn
1947 beginnt mit dem Studium der Wirtschaftwissenschaften an der London School of
Economics (LSE), u. a. bei Karl Popper
1956 Börsenhändler an der Wall Street
1969 gründet den Hedge-Fonds Quantum Fund im Steuerparadies Curacao
1990 rettet den damaligen Präsidentensohn George W. Bush vor der Pleite, indem
er dessen Schulden über die Firmen Harken Energy und Spectrum 7 abfängt.
Erklärtes Ziel: die Sicherung von politischem Einfluss
1992 steigt bei Risikokapital-Gesellschaft Carlyle ein, bei der sowohl die Familie Bin Laden als auch die Familie Bush Gelder investiert haben. Am 16. September, dem »Black Wednesday«, spekuliert er gegen das englische Pfund, das daraufhin aus dem
Europäischen Währungssystem ausscheiden muss. Soros verdient in einer Nacht über 1,1 Milliarden Dollar
1997 spekuliert während der Asienkrise auf die malayische Währung Ringgit. Thailand braucht zwei Jahre, um die Verluste durch das Erstarken der Nachbarwährung wieder aufzuholen
1998 sein Buch »The Crisis of Global Capitalism« erscheint
2004 sein Buch »Die Vorherrschaft der USA – eine Seifenblase« erscheint. Er spricht sich zudem gegen die Wiederwahl von US-Präsident Bush aus
2005 wird von einem französischen Gericht zu einer Geldstrafe von 2,2 Mio. Euro verurteilt, weil er 1988 aufgrund von Insider-Informationen mit Aktienpaketen der französischen Großbank Société Générale rund 2,8 Mio. US-Dollar Spekulationsgewinn gemacht hatte. Nach Auskunft von Forbes steht Soros mit einem geschätzten Vermögen von 7,2 Milliarden Dollar auf Platz 24 der reichsten US-Amerikaner
Régis Genté ist freier Journalist und Autor (zs. mit Nicolas Jallot) von „Chevardnadze, le Renard blanc du Caucase“, Paris (Belfond) 2005.
United States Agency for International Development
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Quelle:
Atlas der Globalisierung,
Le Monde diplomatique.
© 2006
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