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Gesetze im Kabinett – Licht und Schatten

Nach wochenlangem Hin und Her zwischen dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und dem Bundesministerium für Umwelt (BMU) über die Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Deutschland haben sich die Ressorts auf einen Kompromiss einigen können.

Gesetzesentwürfe

Die daraus entstandenen Gesetzesentwürfe sind am vergangenen Dienstag im Kabinett abgestimmt worden und müssen im Mai und Juni noch den Bundestag und den Bundesrat passieren. Im Folgenden bewertet der NABU das Paket aus Sicht des Naturschutzes. 

Die Gesetzesentwürfe bestimmen maßgeblich wie die jährlich sechs Milliarden Euro an Agrarsubventionen zwischen 2023 und 2027 ausgegeben werden. Aus Umweltsicht entscheidend ist die sogenannte “grüne Architektur”, das heißt das Zusammenspiel aus Umweltauflagen für alle Empfänger von staatlichen Geldern (Konditionalität) sowie verschiedenen Formen von Förderung für freiwillige Maßnahmen (Öko-Regelungen bzw. Eco-Schemes der Ersten Säule und die Agrarumweltklimamaßnahmen der Zweiten Säule, AUKM).

In die aktuelle Reform wird angesichts der dramatischen Naturschäden der intensiven Landwirtschaft viel Hoffnung gesetzt. Diese Hoffnung wird durch die vorliegenden Gesetze trotz einiger Fortschritte, die das Bundesumweltministerium und manche Bundesländer erreicht haben, enttäuscht. Denn nach wie vor sollen auch 2027 noch 60 Prozent der Agrarsubventionen für pauschale Flächenprämien verwendet werden, obwohl diesen aus der Fachwelt Ineffizienz, Ungerechtigkeit und Umweltschädlichkeit attestiert wird. Gleichzeitig reichen die Grundanforderungen und das für Anreize verfügbare Geld nicht aus um Biodiversität, Wasser, Boden, Luft und Klima nachhaltig zu schützen bzw. wiederherzustellen, wie es der Green Deal der EU und die Wissenschaft einhellig fordern.

Konditionalität 

Die Konditionalität ist verpflichtend von allen Betrieben umzusetzen und Voraussetzung dafür, Agrarförderung vom Staat zu erhalten. Hier wurde beschlossen, dass die Betriebe ab 2023 drei Prozent ihrer Ackerflächen als Brachen oder Landschaftselemente wie Hecken, Baumreihen oder Sölle dem Naturschutz zur Verfügung stellen müssen. Damit sich die Artenvielfalt erholen kann, braucht es eine Vielfalt an Lebens-, Nahrungs- und Rückzugsräumen sowie eine Vernetzung zwischen diesen Elementen- diese Strukturen müssen mindestens 10 Prozent der Betriebsflächen ausmachen, und zwar auch auf Grünland und in Sonderkulturen. Was nicht über die Konditionalität geregelt wird, muss über freiwillige Anreize geschehen. Das über letztere aber die fehlenden 7 Prozent erreicht werden ist gerade in Regionen mit einer sehr produktiven Landwirtschaft unwahrscheinlich.

Außerdem wird in der Konditionalität der Grünlandschutz geregelt.  Moorflächen und Feuchtgebiete sowie Grünland in Natura 2000 Gebieten soll erhalten und in Zukunft nicht mehr umgebrochen werden dürfen. Diese Regelung ist ein Schritt in die richtige Richtung, denn der Erhalt von artenreichem Grünland ist aus Biodiversitäts- und Klimaschutzgründen unerlässlich. Moore gehören zu den größten Bindern von Klimagasen und sollten ausschließlich extensiv und mit hohen Wasserständen bewirtschaftet werden. Hier geht der Gesetzesentwurf jedoch nicht weit genug, denn Vorgaben hinsichtlich der Art der Bewirtschaftung sind nicht enthalten.

Ökoregelungen

Der Anteil der Ökoregelungen soll laut den Gesetzesentwürfen 25 Prozent der ersten Säule der GAP ausmachen, dies sind ungefähr 1 Milliarden Euro pro Jahr. Ökoregelungen sind für die Landwirt*innen freiwillige Maßnahmen, deren Ausgestaltung in den Gesetzesentwürfen allerdings erst in künftigen Rechtsverordnungen ausgearbeitet wird. Und hier liegt der Teufel im Detail – es besteht die Gefahr von erheblichen Verwässerungen der Anforderungen. Durch eine naturschutzfachlich sinnvolle und ambitionierte Ausarbeitung können die Ökoregelungen jedoch durchaus erfolgreich werden. Begrüßenswert ist daher eine Regelung, die ein Einvernehmen des Bundesumweltministeriums bei den Verordnungen voraussetzt.

Wichtig ist dabei aber nicht nur die inhaltliche Gestaltung. Auch die Höhe der Fördergelder spielt eine zentrale Rolle dafür, ob die Programme von den Landwirt*innen angenommen werden. Um die Ökoregelungen wirksam und attraktiv zu gestalten, sollten hier nach Ansicht des NABU mindestens 30 Prozent ab 2023 angesetzt werden, wie es auch das Europäische Parlament bei den noch laufenden Verhandlungen in Brüssel fordert. Es kann deshalb durchaus sein, dass Deutschland hier noch nachbessern muss.

Agrar-Umwelt-Klima-Maßnahmen

Das dritte Umweltinstrument der GAP sind die Agrar-Umwelt-Klima-Maßnahmen (AUKM) in der zweiten Säule. Die finanziellen Mittel für diese Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus, da die Zweite Säule nur 18% des gesamten GAP-Budgets ausmacht. Es besteht jedoch die Möglichkeit der Umschichtung von Geldern aus der Ersten Säule. Die Umschichtung soll den neuen Gesetzesentwürfen zufolge ab 2023 zehn Prozent betragen und im Laufe der Förderperiode auf 15 Prozent ansteigen. Der NABU begrüßt, dass im Gegensatz zu den letzten Jahren endlich ein Einstieg in eine aufwachsende Umschichtung gefunden wird.

Angesichts des großen Bedarfs and Mitteln für die Honorierung von Naturschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft (laut NABU-Berechnungen müsste die Zweite Säule dafür rund eine Milliarde EUR im Jahr bereitstellen, was alleine einer Umschichtung von 18,5% entspräche) reichen die Pläne der Regierung bei weitem nicht aus. Denn es ist nicht geklärt, ob die umgeschichteten Mittel tatsächlich der Biodiversität zu Gute kämen: Aus der Zweiten Säule sollen auch Ökolandbau, Tierwohl und viele Maßnahmen der ländlichen Entwicklung bezahlt werden. Daher fordert der NABU bereits 2023 mit einer Umschichtung von 20 Prozent zu beginnen und diese bis zum Ende der Förderperiode auf 25 Prozent zu steigern.

Keine Planungssicherheit für notwendigen Ausstieg

Ein weiteres großes Manko in den Gesetzesentwürfen ist, dass keine Planungssicherheit für den notwendigen Ausstieg aus den pauschalen Flächenprämien (Direktzahlungen) festgelegt wird. Es ist anzunehmen, dass diese nach 2027 schnell abgeschafft werden, angesichts kleinerer öffentlicher Budgets und schwindender Akzeptanz für diese ungerechten und unwirksamen Gießkannenzahlungen. Durch die Umschichtung in die Zweite Säule (15% im Jahr 2026) und die Umwandlung von 25% der verbliebenden Ersten Säule in Ökoregelungen ergibt sich, dass am Ende der Förderperiode immer noch über 60% der GAP-Gelder in Form von Flächenprämien fließen werden. Für viele Betriebe bahnen sich deshalb nach 2027 große Probleme an, wenn es in der Zeit davor nicht ausreichend Signale und Unterstützung für den Umstieg gibt.

In den noch laufenden Verhandlungen in Brüssel droht aktuell sogar noch die Gefahr, dass den Mitgliedstaaten vorgeschrieben werden soll, weiterhin einen Mindestanteil von 60 Prozent der ersten Säule als Flächenprämien zu zahlen. Diese Vorgabe würde es künftigen ambitionierteren Regierungen nicht erlauben, die Schritte zu tun, die zum Erreichen der Ziele des Green Deals notwendig sind und eine ökologische und sozialverträgliche Transformation der Landwirtschaft einleiten. Um ein Fördersystem zu verankern, dass Landwirtschaft innerhalb der ökologischen Grenzen nachhaltig gestaltet bedarf es des Ausstiegs aus den Flächenprämien.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Richtung der Gesetzesentwürfe zwar stimmt, und sicher auch dank des Drucks des NABU Fortschritte erzielt wurden, doch die Schritte sind viel zu klein sind, um den großen Herausforderungen wie dem Artensterben und dem Klimawandel etwas entgegen zu setzen.  Es ist klar zu merken, dass die Beharrungskräfte immer noch stärker sind als der Wille den nötigen Wandel mutig einzuleiten. Weiterer Druck der Zivilgesellschaft und klare Botschaften an die Parteien im Wahljahr könnten die Entscheidungen von Bundestag und Bundesrat zu den Gesetzesentwürfen noch beeinflussen, die im Mai und Juni anstehen.

Hier geht es zum GAP-Ticker der NABU

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