Wenn die Wälder zum CO2 Problem werden

Weil Bäume beim Wachsen Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen und speichern, spielen sie im CO2 Haushalt der Erde als so genannte Kohlenstoffsenken eine Schlüsselrolle. Wenn die durch den Klimawandel geschwächten Baumbestände absterben oder abbrennen, setzen sie viel CO2 frei.

Der Wald als Spielball der Klimadebatte

Die Wälder sind für die Biodiversität der Erde von enormer Bedeutung. Von den 50 bis 100 Millionen Arten, die auf unserem Planeten existieren, wurden bis heute nur 1,8 Millionen identifiziert, das sind weniger als 5 Prozent. Drei Viertel aller Arten leben vermutlich in den Tropen. Der Wald, seit Jahrhunderten als Holzlieferant und Rodungsfläche begehrt, ist inzwischen auch zu einem wichtigen Spielball in der Klimadebatte geworden.

Böden und Pflanzen nehmen jährlich zwischen 3 und 4 Milliarden Tonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre auf. Gleichzeitig setzt die Entwaldung jährlich 1,6 Milliarden Tonnen CO2 frei, woraus sich per Saldo eine Absorptionsleistung zwischen 1,4 und 2,4 Milliarden Tonnen ergibt. Das entspricht etwa einem Viertel der durch den Menschen verursachten Emissionen von insgesamt 6,8 Milliarden Tonnen. Anders ausgedrückt: Das, was der Mensch durch Energieerzeugung, Verkehr und Bodenbearbeitung an CO2 in die Atmosphäre entlässt, wird nur zu einem Viertel durch die Vegetation ausgeglichen.

Die gestiegene Kohlenstoffkonzentration in der Atmosphäre und die in den letzten hundert Jahren zu konstatierenden milderen Temperaturen haben das Pflanzenwachstum zunächst durchaus stimuliert. Bei manchen Wäldern war im Verlauf des 20. Jahrhunderts ein Produktivitätszuwachs von 15 Prozent zu verzeichnen.

Südamerikas Regenwälder sind der größte Kohlenstoffspeicher
Photo: © Le Monde diplomatique

Aufforstung zur Kompensierung von Treibhausgas-Emissionen

Gestützt auf diese Beobachtung wurden die Wälder zu »Kohlenstoffsenken« erklärt, was den Industrieländern erlaubt, im Rahmen des Kioto-Protokolls ihre CO2-Emissionen durch Anpflanzung von Wäldern zu kompensieren. Dieses Konstrukt haben Umweltschützer lange Zeit heftig bekämpft. Deren Widerstand kam den USA sehr gelegen, lieferte er ihnen doch einen zusätzlichen Vorwand, dem Kioto-Protokoll nicht beizutreten. Mittlerweile ist die Aufforstung zur Kompensierung von Treibhausgas-Emissionen in den Kioto-Mechanismen festgeschrieben. Doch sie bleibt heftig umstritten.

Laut Klima-Prognosen wird die Vegetation etwa ab 2050 kein CO2 mehr aufnehmen. Danach werden die Wälder durch den weltweiten Temperaturanstieg und die starke Vermehrung von Parasiten so gestresst sein, dass sie von CO2-Speichern zu CO2-Emittenden werden. Die Waldgebiete funktionieren also nur wenige Jahrzehnte als Senken. Als dichte, alte Wälder sind sie im CO2-Gleichgewicht: Die absterbenden Pflanzen setzen beim Verrotten ebenso viel CO2 frei, wie die nachwachsenden wieder binden.

Die Speicherkapazität der Wälder nimmt drastisch ab
Photo: © Le Monde diplomatique

Einschlagen der Wälder

Darum plädieren einige Leute dafür, diese alten Wälder einzuschlagen, ihr Holz zu verwerten und stattdessen schnell wachsende Baumarten wie Eukalyptus, Akazie und Albizie aufzuforsten. Das würde allerdings in der Einschlagsphase zunächst CO2 freisetzen und auch zu einer deutlichen Verarmung der Biodiversität führen. In Brasilien hat die jüngste Expansion des Anbaus von Biokraftstoffen das Tempo der Rodungen noch weiter beschleunigt.

Die Erderwärmung verringert außerdem die Feuchtigkeit im Unterholz, wodurch sich Waldbrände leichter ausbreiten können. Dieses Phänomen war in den vergangenen Jahren in Europa, Australien und den USA zu beobachten, aber es betrifft auch die tropischen Regionen Afrikas, Amazoniens und Asiens. Die dortigen Wälder macht schon ein leichter industrieller Holzeinschlag anfällig, weil er Schneisen zieht, durch die dann der Wind blasen und die Vegetation austrocknen kann.

Globaler Brandatlas
Photo: © Le Monde diplomatique

Hohe CO2-Emissionen durch Waldbrände

Das auffälligste Beispiel hierfür ist die Korrelation zwischen El Niño und der vermehrten Vergabe von Einschlagkonzessionen in Indonesien. Hier wüteten seit Anfang der 1980er-Jahre immer wieder großflächige Waldbrände, die in manchen Jahren mehr als drei Millionen Hektar Wald vernichtet haben. Die Brände von 1997 und 1998 sollen 2,5 Milliarden Tonnen Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen haben; das ist ungefähr die Menge, die ganz Europa jährlich emittiert.

Verbrennung von Kohlenstoff in den Torfmooren

In direktem Zusammenhang mit den Waldbränden und dem agroindustriellen Holzeinschlag steht das Problem der Verbrennung von Kohlenstoff in den Torfmooren. Der in Hunderten Millionen Jahren angesammelte Kohlenstoff der Torfmoore beläuft sich weltweit auf 500 Milliarden Tonnen, das ist etwa so viel wie die Menschheit in siebzig Jahren emittiert.

Das Problem betrifft vor allem die Wälder Borneos und Sumatras. In den Böden der beiden größten indonesischen Inseln lagern 60 Prozent der Torfmasse der Welt. Würde man diesen Ausstoß mit einrechnen, wäre Indonesien nach den USA und China der drittgrößte CO2-Emittent.

Kohlenstoff steckt nicht nur in den Bäumen
Photo: © Le Monde diplomatique

Autor: Frédéric Durand

Frédéric Durand ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Toulouse-Le Mirail; er ist Autor von »La Jungle, la nation et le marché. Chronique indonésienne«, Nantes (L’Atalante) 2001.

Mehr Informationen zu dem Thema:

UN-Klimarat

Institut für Klimafolgenforschung

EU-Forschungsprojekt zur Kohlenstoffbilanz

Quelle:
Atlas special - Klima,
Le Monde diplomatique.

© 2007

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