Mehr als 1,1 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,4 Milliarden keine akzeptablen sanitären Einrichtungen. Das kostbare Nass ist scheinbar im Überfluss vorhanden, doch die Vorräte sind ungleich verteilt. Während ein paar Länder über 60 Prozent der Süßwasserreserven verfügen, muss Asien, wo knapp 60 Prozent der Weltbevölkerung leben, mit 30 Prozent des Wassers auskommen.
In einem Dreieck, das sich von Tunesien bis nach Pakistan und in den Sudan erstreckt, ist der Wassermangel strukturell. Pro Kopf und Jahr stehen hier einschließlich des agrarischen Verbrauchs durchschnittlich weniger als 1.000 Kubikmeter Süßwasser zur Verfügung, weshalb man auch von »chronischem Wassermangel« spricht.
Ein weiteres Problem ist die Wasserqualität. Je mehr verbraucht wird, desto mehr Abwasser entsteht. In den Entwicklungsländern gelangen 90 Prozent des verunreinigten Wassers und 70 Prozent der Industrieabfälle ungeklärt ins Oberflächenwasser.
Als Folge davon sterben jedes Jahr über 5 Millionen Menschen an Krankheiten, die mit dem Wasser in Verbindung stehen. Wenn die Weltbevölkerung tatsächlich von den derzeit 6,5 Milliarden auf die prognostizierten 8,5 Milliarden im Jahr 2025 anwächst, stünde dann pro Kopf knapp ein Drittel weniger Süßwasser zur Verfügung. Laut UN werden bei gleich bleibend steigendem Verbrauch in zwanzig Jahren 1,8 Milliarden Menschen in Gegenden leben, in denen absoluter Wassermangel herrscht. Für 5 weitere Milliarden Menschen wird sich der Bedarf nicht in Gänze decken lassen.
Die Situation wird sich nicht zuletzt durch die anhaltende Landflucht und die Konzentration der Bevölkerung in Megastädten verschärfen. Im Jahre 2020 werden von den 33 Städten mit über 8 Millionen Einwohnern 27 in Ländern des Südens liegen, was einen um 40 Prozent erhöhten Wasserverbrauch der privaten Haushalte nach sich ziehen wird.
Je höher der Lebensstandard, desto größer die Verschwendung: Die vielen Haushaltsgeräte der Wohlhabenden treiben den Wasserverbrauch in die Höhe, kein Umweltbewusstsein, kein Kostendenken vermag ihn zu bremsen. Die ärmere Bevölkerung dagegen spart Wasser, sobald die Versorger die Preise erhöhen.
Die Europäer konsumieren heute achtmal soviel Süßwasser wie ihre Großeltern, nämlich zwischen 100 und 200 Liter täglich. Ein Australier verbraucht durchschnittlich mehr als 1.000 Liter am Tag, ein Amerikaner zwischen 300 und 400 Liter. In einigen Entwicklungsländern dagegen liegt der durchschnittliche Tagesverbrauch bei wenigen Litern.
Nur 55 Prozent des entnommenen Wassers werden wirklich verbraucht. Die übrigen 45 Prozent sind Verluste, sei es durch undichte Leitungen, sei es durch Versickern oder Verdunsten bei der landwirtschaftlichen Bewässerung, die immerhin 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs ausmacht. Um aber die Weltbevölkerung zu ernähren, müsste die landwirtschaftliche Produktivität gesteigert und die Bewässerung um weitere 17 Prozent erhöht werden.
Rein technische Maßnahmen wie die Meerwasserentsalzung sind zu teuer und energieaufwändig, um in größerem Rahmen Abhilfe zu schaffen. Viel sinnvoller wäre es, für eine effizientere Nutzung der knappen Ressource zu sorgen. Insbesondere bei der Bewässerung und beim Trinkwasser müssen Anlagen und Leitungen überholt bzw. neue gebaut werden. Die Vorräte müssen geschont und die Verschmutzung muss bekämpft werden.
Nach Schätzungen von Finanzinstituten müssten dafür in den kommenden fünfundzwanzig Jahren 180 Milliarden Dollar jährlich investiert werden – derzeit belaufen sich die Investitionen in die Wasserinfrastruktur auf jährlich 75 Milliarden Dollar. Vor allem die Weltbank und der Internationale Währungsfonds sowie manche Regierungen halten die Privatisierung des Wassers für das Mittel der Wahl. Bislang sind erst 5 Prozent der Weltwasservorräte privatisiert.
Viele zivilgesellschaftliche Bewegungen verurteilen eine solche Vermarktung des Wassers und wollen den Zugang zu sauberem Wasser als »menschliches Grundrecht« verankern: Wasser müsse kostenlos sein, so lautet die Forderung, oder zum Selbstkostenpreis abgegeben werden – die Ärmsten der Armen werden freilich nicht einmal den bezahlen können.
Marc Laimé ist Journalist und Autor von “Dossier de l’eau. Pénurie, pillution, corruption!, Paris (Seuil) 2003.
Quelle:
Atlas der Globalisierung,
Le Monde diplomatique.
© 2006
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