Mit Schnee bedeckte Berge erheben sich aus karger Landschaft
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Neue Frühwarnsignale: Teile des grönländischen Eisschildes könnten Kipppunkt überschreiten

Wissenschaftler haben neue Frühwarnsignale entdeckt, die darauf hinweisen, dass der zentral-westliche Teil des grönländischen Eisschildes relativ bald einen kritischen Übergang erleben könnte. 

Deutlich verstärktes Abschmelzen in der Zukunft

Eine neue Studie von Forschern des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung aus Deutschland und Norwegen zeigt: Aufgrund steigender Temperaturen hat die Destabilisierung des zentral-westlichen Grönland-Eisschildes bereits begonnen, der Prozess des Abschmelzens könnte bereits bei begrenzter Erwärmung eskalieren. Ein Kippen des Eisschildes würde den langfristigen globalen Anstieg des Meeresspiegels erheblich verstärken. Die Forscher haben Belege dafür gefunden, dass sich der zentral-westliche Teil des Grönland-Eisschildes destabilisiert hat. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es in der Zukunft zu einem deutlich verstärkten Abschmelzen kommen wird.

Ein Schlüsselmechanismus, der die Gesamtstabilität des grönländischen Eisschildes bestimmt, ist ein Rückkopplungsmechanismus namens melt-elevation feedback: Im Wesentlichen führt ein Temperaturanstieg zum Schmelzen, wodurch sich die Höhe des Eisschildes verringert. Auf einem Berg ist es oben kalt und unten weniger kalt. Wenn also die Oberfläche des Eisschildes schmilzt, sinkt es in die tiefere, wärmere Umgebungsluft – was wiederum zu beschleunigtem Schmelzen und zusätzlichem Höhenverlust führt. Ein Teufelskreis.

Beunruhigende Warnzeichen

Für die Studie wurden Meeresspiegeltemperaturen von Wetterstationen, Schmelzintensitäten aus Eisbohrkernen in Zentralwestgrönland sowie entsprechende Computermodell-Simulationen herangezogen. In den Schwankungen der Eisschildhöhen fanden die Forscher beunruhigende Frühwarnzeichen, die darauf hindeuten, dass ein Kippen dieses Teils des Eisschildes bevorstehen könnte. Nach bisherigen Modellergebnissen ist das Abschmelzen des Grönland-Eisschildes ab einer kritischen Schwelle der globalen Mitteltemperatur von 0,8 bis 3,2 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau unvermeidlich. Sobald diese Schwelle überschritten wird, könnte der gesamte Eisschild über hunderte oder tausende von Jahren vollständig abschmelzen, was zu einem globalen Meeresspiegelanstieg von mehr als 7 Metern und einem Zusammenbruch der atlantischen meridionalen Umwälzzirkulation führen könnte, die für die relative Wärme in Europa und Nordamerika verantwortlich ist.

Die Zukunft des Eisschildes ist ungewiss

Die Studie legt nahe, dass sich zumindest der zentral-westliche Teil des grönländischen Eisschildes einer kritischen Temperaturschwelle nähert. Doch wie sich dies auf den Eisschild als Ganzes auswirkt, bleibt unklar. Klar ist aber: Die Temperaturen müssen deutlich unter das vorindustriellen Niveau abgesenkt werden, um wieder die Eisschildhöhe der letzten Jahrhunderte zu erreichen. Der gegenwärtige und in naher Zukunft zu erwartende Massenverlust des Eises wird weitgehend irreversibel sein. Es ist deshalb höchste Zeit, dass wir die Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe schnell und deutlich reduzieren und das Eisschild und unser Klima wieder stabilisieren.

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Quelle:

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung; PNAS

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