· Dieter Stahl, HGON

Wertvolle Streuobstwiesen

Streuobstwiesen bieten vielfältigen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum und sind ein wichtiger Bestandteil der Kulturlandschaft. Leider prägen sie nur noch selten das Landschaftsbild. Deshalb ist es wichtig Streuobstwiesen, wo immer die Möglichkeit besteht, zu erwerben und zu schützen.

Wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere

Die Wiesen mit vielen Blütenpflanzen wie zum Beispiel Margeriten, Flockenblume, Schafgarbe, Glockenblumen, Wiesenkerbel, Rotklee, Wiesenpippau, Wiesen-Salbei, Rote Lichtnelke und mit hochstämmigen knorrigen Obstbäumen waren früher ein weit verbreiteter Bestandteil der hiesigen Kulturlandschaft. Heute gehören sie zu den stark gefährdeten Biotoptypen im Landkreis Limburg-Weilburg. Streuobstwiesen besitzen heute eine sehr geringe wirtschaftliche Bedeutung. Für die Obstproduktion wurden sie durch Intensiv Obstanlagen mit schwach wachsenden und schnell austauschbaren Obstbäumen ersetzt. In vielen Orten lösen sich die typischen Streuobstbänder um die Dörfer auch durch die Ausweisung von Neubaugebieten und intensivere Flächennutzungen der Landwirtschaft auf. Dabei verlieren Tierarten wie zum Beispiel Buntspecht, Steinkauz, Wendehals, Sieben- und Gartenschläfer, Grünspecht, und Neuntöter sowie verschiedene Fledermausarten ihren Lebensraum.

Bis zu 1.000 Insektenarten

Der Wert eines alten Obstbaumes erschöpft sich also nicht in der Zahl der Früchte die er trägt, sondern er hat einen besonderen Wert als Lebensraum für viele Kleinsäuger, Insekten, Vögel und Pflanzen. An einem einzigen alten Obstbaum leben bis zu 1.000 Insektenarten. Das Vorkommen von Kleinlebewesen, Insekten und pflanzlicher Nahrung bildet die Basis für eine große Lebensgemeinschaft. Insekten werden von der Obstblüte angezogen und finden auch übers Jahr reichlich Nahrung. Für die Bestäubung der Obstbäume spielt die Honigbiene eine herausragende Rolle. Sie überwintert im Vergleich zu anderen Nektar und Pollen sammelnden Insekten als komplettes Bienenvolk mit mehr als 10.000 Einzelbienen. Im Frühjahr sind sie aufgrund ihrer zahlenmäßigen Präsenz in der Lage, den größten Teil der Bestäubungsleistung zu erbringen. Die Gichtwespe ist oft am Rande der Obstbaumflächen zu beobachten. Als Nahrung benötigt die sie den Nektar von Doldengewächen, wie zum Beispiel Fenchel. Die Fortpflanzung erfolgt in Nestern von Löcherbienen und Lehmwespen.

Prächtige Schmetterlinge

Häufige Besucher von Streuobstwiesen sind auch verschiedene Schmetterlingsarten. Sie lassen sich als erwachsene Tiere vom Nektar- und Pollenangebot verführen. Im Spätsommer und Herbst saugen sie den vergärenden Saft heruntergefallener Früchte. Ihre Eier legen sie im Unterwuchs der Wiesen auf den bevorzugten Futterpflanzen ihrer Nachkommen ab. Einer der auffälligsten Schmetterlingsarten ist der Admiral. Er ist im Spätsommer und Frühherbst vor allem auf Fallobst (Äpfel, Birnen, Zwetschgen) anzutreffen. Dort saugen manchmal Dutzende Falter an den aufgeplatzten Früchten, um sich für die lange Reise in den Süden zu stärken. Admirale ziehen in der Regel im Oktober in ihre Überwinterungsgebiete nach Südeuropa. Im folgenden Frühjahr kommen sie dann wieder zurück, um sich fortzupflanzen. Gleiches gilt für den Distelfalter. Im Frühjahr kommt er zu Millionen über die Alpen zurück nach Deutschland. Die Sommergeneration fliegt im Herbst zurück in den Mittelmeerraum. Man kann ihn auf fast allen Blüten beobachten aber auch an Fallobst saugt er gerne.

Unterschiedliche Biotoptypen

Schmetterlinge stellen komplexe Ansprüche an ihren Lebensraum. Je nach Entwicklungsstadium (Ei, Raupe, Puppe, Falter) benötigen einige Arten verschiedene Biotope. Die Raupen des Kaisermantels entwickeln sich in aufgelockerten Waldbereichen. Die erwachsenen Tiere hingegen fliegen auf benachbarte Magerwiesen um Nektar zu saugen. Der Schachbrettfalter ist auf der Streuobstwiese häufig anzutreffen. Er ernährt sich als adultes Tier bevorzugt auf Korbblütler wie Flockenblumen und Disteln. Ihre Raupen fressen sich wiederum an verschiedenen Grasarten satt. Nur in ungemähten Wiesen am Boden legen die Weibchen ihre Eier ab. Wo auf Streuobstwiesen besonnte Brennesselbestände wachsen, stehen die Chancen gut, dass die Raupen von Kleiner Fuchs, Admiral, C-Falter und Landkärtchen an ihrer bevorzugten Futterpflanze anzutreffen sind. Das im Frühjahr blühende Wiesenschaumkraut ist beim Nachwuchs des Aurorafalters sehr beliebt. Wilde Möhre, Wiesen-Kümmel oder Fenchel sind bei den Raupen des Schwalbenschwanzes als Nektarquelle bevorzugte Pflanzen. Tagfalterarten suchen im Verlauf des Tages verschiedene, räumlich getrennte Strukturen auf.

Die Mahd zur rechten Zeit

Wird die Streuobstwiese zu früh gemäht, müssen die Falter in nächster Umgebung noch ungemähte Bereiche mit höherer Vegetation aufsuchen können. Das ist auf den Streuobstwiesen, die von der HGON gepflegt werden, gewährleistet. Deshalb werden die Streuobstwiesen der HGON erst im Spätsommer mit dem Balkenmäher gepflegt. Neben Krautsäumen wirken sich zeitlich gestaffelte Mähtermine sowie Altgrasstreifen positiv auf die Populationen von Schmetterlingen in einer Streuobstwiese aus. Das Vorkommen einzelner Arten ist neben dem Nahrungsangebot auch von Standortbedingungen wie Klima sowie von der Vernetzung der Streuobstwiesen mit anderen Biotopen in der Region abhängig. Hierzu zählt das Gemeine Blutströpfchen. Es bevorzugt sonnige Hänge und magere blütenreiche Wiesen.Die Eier werden von den Weibchen in der Nähe der Futterpflanzen der Raupen abgelegt. Dies sind vorwiegend Spitzwegerich, Hornklee, Habichtskraut, Kronwicke und verwandte Pflanzen.

Niströhren für den Steinkauz

Der Steinkauz ist auf alte Obstbaumbestände angewiesen. Nur hier findet er Natur-Bruthöhlen. Naturschutzgruppen unterstützen den Steinkauz mit selbst gebauten Niströhren, die auf alten Obstbäumen angebracht werden. Der Steinkauz nutzt diese als Brut oder als Schlafplatz. Auf Streuobstwiesen findet er neben Mäusen auch verschiedene Insektenarten als Nahrung.

Die notwendige Pflege

Da Streuobstwiesen nicht sich selbst überlassen werden können, müssen regelmäßige Pflegeaktionen stattfinden. Hierzu gehört die Sanierung des bestehenden Altbaumbestandes, Entbuschung und die Neuanpflanzungen. Um die Lebensdauer der Obstbäume zu erhöhen, müssen diese, allerdings abhängig von der Sorte, regelmäßig ausgeschnitten werden. Bei guter Pflege können die Bäume ein Alter von bis zu 100 Jahre erreichen. Doch auch Totholz sollte nicht direkt entsorgt werden, es kann u.a. kleinen Tiere als Unterschlupf dienen. Bleibt zu hoffen, dass Restbestände von Hochstamm-Obstbaumwiesen als Bestandteil der hiesigen Kulturlandschaft erhalten werden und auch in den historischen Nutzungsformen ihren Platz finden. Mit Naturefund können Sie hier Land für Natur schützen mehr über die HGON

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