· Dr. Christian H. Fried

Tiere im Schnee

Luchs im Schnee Foto: Dr. H. Fried

Ich bin Naturfotograf aus Leidenschaft und möchte Morgen am Sonntag, den 28. November 2010, zum Tierpark Sababurg. Vielleicht gelingen mir ein paar schöne Aufnahmen von Tieren im Schnee.

Zwei Kameras, ein Stativ ...

Samstagabend bereite ich meinen Ausflug vor. Zwei Kameras nehme ich mit, eine mit einem Telezoom von 100 bis 400 Millimeter Brennweite, gut für Gruppenfotos und kurze Distanzen, und eine Kamera mit einem 500 Millimeter Teleobjektiv. Damit bekomme ich auch aus weiter Entfernung gute Aufnahmen von den Tieren hin. Ich prüfe die Batterien und Speicherkarten und packe zwei Ersatzbatterien ein, da es bei Kälte leicht zu Ausfällen kommt. Ein Stativ kommt natürlich immer mit. Alles fertig, Morgen kann es losgehen.

Auch Tierparks haben Rhythmen

Am Sonntag fahre ich um 9.00 Uhr los. Der Tierpark Sababurg öffnet leider erst um 10.00 Uhr. Normalerweise ist das Licht am Morgen am besten. In der Wildnis ist dies häufig auch die Zeit für gute Tierbeobachtungen. Doch Tierparks haben so ihre eigenen Rhythmen. Ich bin ein paar Minuten vor 10.00 Uhr da und kann schon rein. Die Mitarbeiter kennen mich bereits, ich habe eine Jahreskarte und bin fast zu jeder Jahreszeit im Tierpark.

Fütterung der Otter

Um 10.00 Uhr ist Fütterung bei den Ottern. Kurz vorher sind die Tiere aus ihrem hohlen Baumstamm gekommen, in dem ihr Bau ist. Letzte Woche habe ich sie noch dabei fotografiert, wie sie Rohrkolbenstroh dort hinein brachten. Sie tollen wild im Wasser und am Ufer herum. Es war kalt in der Nacht und das Wasser ist von einer dünnen Eisschicht bedeckt. Die Otter rennen über das Eis, das zwar knackt, aber nicht einbricht. Blitzschnell verschwinden sie in Löchern in der Eisdecke und tauchen durch andere wieder auf. Ich versuche das Eintauchen und das Herausschießen mit der Kamera zu erwischen. Besonders habe ich es aber darauf abgesehen, das Pärchen beim Balgen zu beobachten. Sie verbeißen sich – aber nicht ernsthaft – ineinander und kugeln als Knäuel herum, mal im Wasser, mal auf dem Eis und mal am Ufer.

Scheingefechte fürs Otterleben

In diesem Gehege lebt ein Otterpärchen. Normalerweise sind Otter Einzelgänger, doch diese beiden sind in Paarungsstimmung und ich freue mich schon auf die Jungen im Frühjahr, die im Februar oder Anfang März kommen. Junge Otter tollen mit Vorliebe herum, streiten sich, spielen und lernen durch Scheingefechte fürs Otterleben. So wie wir Menschen einst auch gelernt haben, bevor wir unsere Zeit mit Computer, Fernsehen und Nintendo verbrachten.

Minus 5 Grad und grauer Himmel

Als der Tierpfleger Punkt 10.00 Uhr mit einem großen Eimer ins Gehege kommt, ist die Zeit für mich als Fotograf praktisch vorbei, denn vollgefressen verschwinden die Otter in ihrem Bau. Bei der Besucherattraktion „Fütterung“ machen die beiden Otter Männchen und fressen dem Pfleger aus der Hand. Das mögen die Kinder - doch nach Natur sieht das leider nicht mehr aus. Also ziehe ich weiter zum Luchsgehege.

Luchse sind keine Frühaufsteher

Es sind minus 5 Grad und grauer Himmel. Ich komme zum Gehege und sehe … keinen Luchs. Luchse sind definitiv keine Frühaufsteher und bei schlechtem, kalten Wetter drehen sie sich lieber noch einmal um und schlafen weiter. Ist ja auch Sonntag. Na gut, es gibt ja noch mehr Tiere im Tierpark Sababurg. Den ersten Tierpark gab es hier übrigens schon 1571, errichtet von Landgraf Wilhelm IV. Die Sababurg ist auch als Dornröschenschloss bekannt, in dem Dornröschen hundert Jahre verschlafen haben soll. So wie meine Luchse, denke ich und bin inzwischen bei den Wölfen angekommen. Doch die sind an diesem Tag vollgefressen und schlafen. Spannende Tiere, aber kein spannendes Bild.

Die Gabe der Kinder

Eine Familie mit drei laut lachenden Kinder geht an mir vorbei und ich muss an ein Erlebnis im Wildpark Knüll denken. Dort laufen Damhirsche und Mufflons frei im Gehege herum. Die besten Bilder kann ich machen, wenn ich mich einer Familie mit lauten, am besten schreienden Kindern anschließe. Die Tiere wissen ganz genau, dass Kinder oft kleine Tüten mit Wildfutter haben, die es an der Kasse zu kaufen gibt. So kommen Rothirsch, Damhirsche und Mufflon gerne bei Familien aus dem Wald heraus und fressen den Kindern aus der Hand.

Von Jägern und Naturfotografen

Wenn ich als Naturfotograf mich vorsichtig alleine heranpirsche und leise mein Stativ aufstelle, flüchten die Tiere in Panik. Da Damwild und Mufflons im Park keine natürlichen Feinde haben und gefüttert werden, vermehren sie sich stark. Ab und zu muss daher ein Jäger kommen, um den Bestand zu reduzieren. Irgendwie stelle ich wohl mit meinem langen, schwarzen Stativ eine ähnliche Erscheinung dar.

Motiv mit Wiederkäuern

Bei Luchs und Wolf läuft heute wirklich gar nichts und mein Blick schweift in die Ferne: Die Herde der Wisente steht malerisch in einer Gruppe zusammen. Ich nehme meine Kamera mit dem 500ter Festbrennweite und mache ein paar Aufnahmen. Eigentlich finde ich die Wisente immer ein wenig langweilig. Sie fressen am Stand Heu, dann legen sie sich wiederkäuen, stehen nach ein paar Stunden auf und fressen weiter, nicht sehr spannend. Doch heute zeigen sie sich mal als Familie.

Luchse spielen im Schnee

Als dann mittags die Sonne hervorkommt, schaue ich noch einmal bei den Luchsen vorbei. Tatsache, sie sind draußen und spielen im Schnee. Beide Kameras nutze ich und in schneller Folge mache ich Aufnahmen. Tierfotografie ist Warten hoch 10. Es ist hilfreich, die Gewohnheiten der Tiere zu kennen, auch im Tierpark, viel, viel Glück zu haben und mit Fingerspitzengefühl im richtigen Moment den Knopf zu drücken. Aufnahmen von Luchsen in freier Wildbahn sind fast unmöglich. Zu scheu ist diese heimische Raubkatze, zu groß das Gebiet, dass sie durchstreifen. Fast alle guten Aufnahmen von diesen Tieren wurden in Gehegen wie diesem gemacht.

Luchs, Otter und Wisent

Nach fünf Stunden bei minus fünf Grad bin ich völlig durch gefroren. Die meiste Zeit steht man und wartet. Zwischendurch habe ich zwar bis zur Erschöpfung Liegestütze gemacht, dadurch werde ich am schnellsten wieder warm. Doch auf Dauer hilft das auch nicht. Als ich gegen 16.00 Uhr wieder zu Hause bin, nehme ich ein heißes Bad und taue meine steifgeforenen Glieder wieder auf. Kälte macht müde, ein heißes Bad ohnehin und so nicke ich ein wenig ein. Im Wegdämmern tauchen die Bilder von Luchs, Otter und Wisent auf. Das war ein schöner Sonntag.

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