Effekt kommt auf zwei unterschiedliche Arten zustande
Zu ihrer Überraschung haben Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig festgestellt, dass dieser Effekt auf zwei unterschiedlichen Wegen zustande kommt: Während das veränderte Klima die Körpergröße der Organismen reduziert, verringert die Bewirtschaftung ihre Häufigkeit. Selbst mit Biolandwirtschaft lassen sich demnach nicht alle negativen Folgen des Klimawandels abpuffern, warnen die Forscher im Fachjournal eLIFE.
Organismen geraten unter Stress
Weitgehend unbeachtet und im Verborgenen arbeitet unter unseren Füßen ein Heer von winzigen Dienstleistern. Unzählige kleine Insekten, Spinnentiere und andere Bodenbewohner sind unermüdlich damit beschäftigt, abgestorbene Pflanzen und anderes organisches Material zu zersetzen und die darin enthaltenen Nährstoffe zu recyceln. Schon lange aber befürchten Fachleute, dass diese für die Bodenfruchtbarkeit und die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme so wichtigen Organismen zunehmend unter Stress geraten.
Denn zum einen sind sie mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert, der ihnen hohe Temperaturen und ungewohnte Niederschlagsverhältnisse mit häufigeren Dürren beschert. Zum anderen leiden sie auch unter einer zu intensiven Landnutzung. Wenn beispielsweise eine Wiese in einen Acker umgewandelt wird, finden die Bodentierchen dort weniger Lebensräume und Nahrungsquellen. Und auch intensives Pflügen, Mähen oder Beweiden sowie der Einsatz von Pestiziden und großen Mengen Dünger wirken sich negativ aus.
Was passiert, wenn das Bodenleben gleichzeitig mit beiden Herausforderungen konfrontiert ist?
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Bodentiere wie Milben oder Springschwänze durch den Klimawandel schrumpfen dürften. Solche Zusammenhänge zwischen Körpergröße und Klima kennen Biologen bisher vor allem bei größeren Tieren. So sind zum Beispiel die Bärenarten in den warmen Regionen der Erde deutlich kleiner als der Eisbär in der Arktis. Das liegt daran, dass ein kleiner Körper eine vergleichsweise große Oberfläche hat, über die er Wärme abgeben kann - was in den Tropen ein Vorteil ist, in den Polarregionen aber leicht zum Auskühlen führt. Bei wechselwarmen Tieren wie Insekten kurbeln hohe Temperaturen zudem den Stoffwechsel und die Entwicklungsgeschwindigkeit an.
Die Schrumpfung der Bodentiere durch den Klimawandel führen zu einem geringerem Gesamtgewicht der Tiere - Das ist keine gute Nachricht. Denn von dieser Biomasse hängt auch die Zersetzungsleistung der Tierchen ab. Weniger Gesamtgewicht bedeutet also auch ein gebremstes Nährstoffrecycling. Einen ganz ähnlichen Effekt kann dem Experiment zufolge auch eine zu intensive Landnutzung auslösen. Denn auch dadurch geht die Biomasse im Boden zurück.
Keine Unterschiede zwischen konventioneller und umweltverträglicher Landnutzung
Das Spannende und Ernüchternde der Studie ist, dass sich die Effekte von Klima und Nutzung kaum gegenseitig beeinflussen. Bisher hatten viele Experten gehofft, dass eine naturverträgliche Landwirtschaft eine Art Versicherung gegen die negativen Folgen des Klimawandels bieten könnte. Schließlich führt Biolandbau in der Regel zu einer vielfältigeren Lebensgemeinschaft auf Äckern und Grünland. Das aber mache solche Ökosysteme weniger anfällig für klimatische Störungen als konventionell genutzte Flächen, so die Überlegung.
Wenn es darum geht, die Leistungsfähigkeit der Bodentiere zu erhalten, scheint diese Strategie allerdings nicht aufzugehen: Die veränderten Temperaturen und Niederschläge reduzieren deren Biomasse unabhängig von der Bewirtschaftung. Nicht alles, was durch die Erwärmung kaputtzugehen droht, lässt sich also durch eine umweltverträgliche Landnutzung retten, zeigt die Studie. Um die Folgen des Klimawandels abzumildern, müsse man daher direkt bei den Treibhausgasen ansetzen - und zwar so schnell wie möglich.
Zur Pressemitteilung des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung
Zur Studie
Mitglied werdenund dabei helfen, den Klimawandel zu stoppen.